Alles neu bei den Parteien – taugt Fridays for Future als Vorbild?
Talk mit: Ann Cathrin Riedel, Konstantin Kuhle, Carline Mohr, Katharina Schulze Tino Sorge und Katharina Hamberger. / Fridays for Future

Innerhalb weniger Monate ist mit Fridays for Future eine Bewegung entstanden, die jetzt deutschlandweit in 450 Städten aktiv ist. Das sollte den Parteien – mit Ausnahme der Grünen – zu denken geben. Sie erreichen viele jüngere Menschen nicht mehr. Diese organisieren sich lieber selbst, um für Klimaschutz zu kämpfen.

Vielleicht ist Fridays for Future ein Weckruf zur richtigen Zeit? Und es gelingt den Parteien ihre Kommunikation zu modernisieren und eine bessere Willkommenskultur für junge Menschen zu implementieren.

Politisches Engagement

Sich für die eigenen Themen zu engagieren und ganz konkret vor Ort Politik zu machen und dann sogar mitzuentscheiden, das geht nur in Parteien. Das ist vielen jungen Menschen aber nicht klar. Darum ist es wichtig, dass Parteien und Politiker bessere Kommunikation machen. Damit ist es aber nicht getan. „Wenn man junge Menschen für Politik begeistern will, muss man auch Politik für junge Menschen machen“, sagt Carline Mohr. Das bedeutet faktisch, weniger Grundrente und mehr Klimaschutz.

Wenn junge Menschen dann Interesse zeigen und Kontakt zu Parteien vor Ort suchen, müssen sie gut empfangen werden. Das funktioniert heute nicht in jedem Fall. Dabei ist eine bessere Willkommenskultur möglich. Dazu gehört, dass sie mit ihren Themen und Anliegen von Anfang an ernst genommen werden. Dann gilt: „Wer mitmachen will, kann in eine Partei eintreten.“ Das sagt zumindest Katharina Schulze MdL.

Politische Kommunikation auf Social Media

Social Media wird von vielen Politikern genutzt. Es wird aber nicht immer richtig genutzt. „Es ist ein Problem, dass Social Media oft nur als Kanal zum Senden genutzt wird“, kritisiert Riedel. Wer nicht bereit zum Dialog ist, sollte besser auf Social Media verzichten. Beim Haustürwahlkampf, in der Bürgersprechstunde und bei Veranstaltungen ist es ja auch selbstverständlich, dass Fragen beantwortet werden.

Um aber überhaupt in die Verlegenheit zu kommen, auf Kommentare zu antworten, müssen erst einmal gute Inhalte produziert werden. Nur wenn etwas für die Nutzer relevant und zudem gut gestaltet ist, wird es kommentiert und geteilt. Das gilt auch für Unterstützung von Parteifreunden. „Wenn der Content gut ist, werde ich es schon teilen“, sagt Konstantin Kuhle MdB.

Hate Speech

Wenn Politiker in sozialen Medien präsent sind, werden sie oft für ihre Positionen hart kritisiert. Das ist vollkommen in Ordnung. Das gehört in einer Demokratie dazu. Was in einer Demokratie nicht dazu gehört, sind persönliche Angriffe, Bedrohungen und Beschimpfungen. Davon sind Politikerinnen viel stärker betroffen als Politiker. Darum ist es wichtig, dass alle Internetnutzer dem entgegentreten. „Seid solidarisch mit Frauen. Hört nicht weg“, fordert Ann Cathrin Riedel.

Für große Empörung hat eine Entscheidung des Berliner Landgerichts gesorgt. Das Gericht hat es nicht verurteilt, dass die Politikerin Renate Künast sexistisch beschimpft worden ist. „Man könnte sich auch manchmal von Richtern ein bisschen mehr Mut wünschen“, macht Tino Sorge MdB in Hinblick auf diesen Fall deutlich. Um ähnlich gelagerte Fälle, in denen die Täter aus der Anonymität heraus agieren, besser verfolgen zu können, ist es notwendig, dass die Plattformen die Daten dieser Nutzer herausgeben. „Wir brauchen einen Auskunftsanspruch im Telemediengesetz“, fordert Kuhle. Das ist bei Urheberrechtsverletzungen bereits heute der Fall.

Abgrenzung: PR und Journalismus

Indem Politiker, Behörden und Parteien immer mehr direkt mit den Bürgern kommunizieren, droht der Journalismus ins Hintertreffen zu geraten. Vielleicht ist es viel attraktiver, wenn die Botschaften direkt bei den Bürgern ankommen und nicht von der Presse kritisch eingeordnet werden? Dem steht jedoch entgegen, dass eigene Statements in Presseberichten von Bürgern als viel relevanter wahrgenommen werden. Sie erzielen auch deutlich bessere Reichweiten, macht Sorge deutlich.    

„Bitte lasst uns im Umgang etwas entspannter und robuster sein“, so Kuhle zur Beziehung von Politikern und Journalisten. Vielleicht passt der Appell ganz gut?

Matthias Bannas

Veranstaltung: 20 Jahre “passion for politics” – Das polisphere-Jubiläum

Diskutiert haben: Ann Cathrin Riedel (Vorsitzende von LOAD e.V. – Verein für liberale Netzpolitik I @anncathrin87, Konstantin Kuhle (innenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion und Generalsekretär der niedersächsischen FDP | @KonstantinKuhle), Carline Mohr (Leiterin des SPD-Newsrooms | @Mohrenpost) Katharina Schulze (Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag | @KathaSchulze) und Tino Sorge (Vorstandsmitglied der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion und Mitglied der Enquete-Kommission KI des Deutschen Bundestages | @TinoSorge). Die Deutschlandfunk-Korrespondentin Katharina Hamberger (@nirthak) hat die Diskussion moderiert.

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