Europäer miteinander ins Gespräch bringen – das geht mit Bürgerdialog
Außenminister Heiko Maas bei einer Konferenz im Auswärtigen Amt

„Die Zeit der Selbstverständlichkeiten ist vorbei.“ Das sieht Bundesminister Heiko Maas richtig. Wenn Europa eine Zukunft haben soll, müssen die Europäer bereit sein, dafür zu kämpfen. Eine Maßnahme der neuen Kommission, um die Bürger besser zu erreichen und von Europa zu überzeugen, ist der Bürgerdialog. Auch die Konferenz „2020: Europas Zukunft gemeinsam gestalten“ von Bertelsmann und dem Auswärtigen Amt war ein solcher Bürgerdialog. Bürger aus allen Mitgliedsländern haben in einem Workshop Ideen für ein besseres Europa entwickelt und diese im Anschluss mit hochrangigen Politikern diskutiert.

Erasmus, „common people“ und Somewheres

Das Besondere bei der Konferenz war, dass die teilnehmenden Bürger ausgelost wurden. Das hat für Vielfalt gesorgt. Es gibt viele Projekte und Ideen, um Bürger aus unterschiedlichen Ländern miteinander ins Gespräch zu bringen. Das Studentenaustauschprogramm Erasmus ist am bekanntesten. Mehr als 700.000 Teilnehmer nutzen das Programm jährlich, um im Ausland zu studieren und andere europäische Länder kennenzulernen.

Was immer noch fehlt, sind Lösungen für „common people“ und für die Somewheres, die nicht bereit oder dazu in der Lage sind, von heute auf morgen in einem anderen europäischen Land zu leben. Auch hier wird es nur mit finanzieller Unterstützung funktionieren, weil es sich die Zielgruppe sonst überhaupt nicht leisten kann.

Kein Staatsvolk, kein Problem

Es wird immer wieder herausgestellt, dass es kein europäisches Staatsvolk gibt und damit auch keine Möglichkeit eine lebhafte Demokratie mit länderübergreifenden Debatten zu organisieren. Einzelne Themen beweisen aber immer wieder das Gegenteil. Ich stehe dem Green Deal skeptisch gegenüber. Die Debatte zum Klimaschutz wird aber in allen europäischen Ländern geführt.

Im Bürgerdialog

Eine Konferenz in den eindrucksvollen Räumlichkeiten des Auswärtigen Amtes erreicht eher die Berliner Blase und weniger die Menschen in den Kommunen vor Ort. Darum ist wichtig, dass Europa durch die kleinen Orte und die Kieze der Großstädte tingelt. Gesprächsanlässe gibt es reichlich. Auch in den nächsten Jahren werden in Brüssel zahlreiche Gesetze (Richtlinien und Verordnungen) vorgestellt, diskutiert und beschlossen werden. Für jedes Thema gibt es ein Publikum. Eine intime Gesprächsrunde mit 20 – 30 Teilnehmern bringt mehr als eine Großveranstaltung, bei der die meisten Teilnehmer nur zuhören und nicht diskutieren. Aber wer soll das alles organisieren? Zum Beispiel Abgeordnete des Parlaments oder Wirtschaftsverbände, NGOs und Organisationen, die an Themen interessiert sind. Konkret könnte es funktionieren wie der Berliner Pub Talk, einer Veranstaltungsreihe, die ich organisiere.

Ein europäischer Fernsehsender?

Ein Vorschlag der Bürgerexperten der Konferenz war die Einrichtung eines länderübergreifenden europäischen Fernsehsenders. Die Idee greift zu kurz. Vielleicht ist das Content-Netzwerk Funk aber eine geeignete Blaupause? Schließlich geht es darum, kreative Medienmacher mit Geld und Reichweite zu unterstützen, damit sie interessante Geschichten zu Europa erzählen können.

… und die Sprache

Mit einem Content-Netzwerk lässt sich vielleicht auch ein anderes Problem lösen. Politische Entscheidungen und Diskussionen zu politischen Themen sind für viele Bürger schwer verständlich oder sogar unverständlich. Selbst Diplomaten scheitern laut einer Umfrage in vielen Fällen. Eine Lösung für dieses Dilemma könnten Experimentierräume für Medienmacher sein, die unterschiedlichen Formate ausprobieren, um Menschen mit europapolitischen Themen zu erreichen.

Matthias Bannas

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