„Wir diskutieren seit drei Monaten über die Folgen aus dem Messerangriff von Mannheim. Ich höre dieselben Worte des Bundeskanzlers, der Innenministerin, jetzt zum Anschlag von Solingen. Es reicht. Wir müssen jetzt gemeinsam was tun und genau das ist mein Angebot.“
CDU-Chef Friedrich Merz im ARD Brennpunkt vom 25. August
Liebe Leserinnen und Leser,
als Helmut Kohl 1982 den sozialdemokratischen Kanzler Helmut Schmidt abgelöst hat, hat er das Narrativ Wende benutzt. In der Zwischenzeit haben die Grünen den Begriff recycelt: Energiewende, Verkehrswende, Wärmewende, Agrarwende und zuletzt Proteinwende. Passend zu den Narrativen tragen auch einige NGOs – oder wenn man möchte Vorfeldorganisationen der Partei – die Narrative in ihrem Namen. Wenig überraschend ist jetzt die AfD mit Migrationswende auf den Zug aufgesprungen. Aber sind die ganzen Wenden bei Wählern noch verkaufbar? Ich bin mir da nicht mehr so sicher. Zeit, sich etwas Besseres einfallen zu lassen.
Euer Matthias Bannas
Wöchentlich stellen wir Persönlichkeiten aus Berlin vor, befragen sie über das Stadtleben und die Politik in Berlin. Diese Woche haben wir mit Dr. Meriem Bouslouk-Marx gesprochen. Sie berät rund um die Themen AMNOG, Medikamente gegen seltene Krankheiten (sogenannte Orphan Drugs) und die Anforderungen sowie die Arbeitsweise des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Mit diesen Themen beschäftigt sie sich seit 15 Jahren, davon 10 Jahre beim G-BA. Weitere Infos zu ihren Angeboten findet Ihr auf der LinkedIn-Seite Ihres Unternehmens MBM Future Health.
Foto: PicturePeople GmbH
Keine andere öffentliche Institution ist in Hinblick auf ihre Entscheidungsprozesse so transparent wie der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Warum ist es für Unternehmen, die sich um die Erstattungsfähigkeit ihrer Arzneimittel oder Behandlungsmethoden bemühen, trotzdem sinnvoll eine externe Beratung in Anspruch zu nehmen?
G-BA Beschlüsse sind maßgeblich für den wirtschaftlichen Erfolg von neuen Arzneimitteln. Schon deswegen ist eine gründliche Vorbereitung und oft auch eine externe Beratung sinnvoll. Darüber hinaus sind evidenzbasierte Entscheidungen komplex. Ich weiß, wovon ich rede: Viele Jahre habe ich insbesondere für Orphan Drugs an der Gestaltung des Verfahrens beim G-BA mitgewirkt, Beratungsanfragen von Unternehmen beantwortet und Beschlüsse des G-BA entworfen. Es kommt stets auf die Umstände des Einzelfalles an. Das beginnt bei grundlegenden Überlegungen, welche Endpunkte in klinischen Studien als patientenrelevant betrachtet werden. Es betrifft aber auch strategische Fragen – etwa eine Aufwand-Nutzen-Analyse oder geschäftspolitische Überlegungen in Bezug auf die von Dir erwähnte Transparenz. Eine externe Unterstützung ist oft auch deswegen nützlich, weil ein Berater Erfahrung mit ähnlichen Verfahren hat oder einen vorurteilsfreien Blick auf das Medikament hat. Zudem entscheiden sich international tätige Unternehmen für eine Beratung bei Herausforderungen, die vor oder nach dem Umgang mit dem G-BA und anderen vergleichbaren ausländischen Institutionen entstehen, um eine fundierte Entscheidung mit ihren lokalen Teams zu treffen. Ich freue mich auf die herausfordernden Beratungen mit der Implementierung der EU-HTA Verordnung ab 2025.
Der Innovationsausschuss entscheidet über die Förderung von Versorgungsformen und Versorgungsforschungsprojekten aus dem Innovationsfonds des G-BA. Was ist das wichtigste Kriterium für eine Förderung?
Diese Frage lässt sich so allgemein nicht beantworten. Es gibt zu den von Dir genannten beiden Bereichen, in denen der Innovationsausschuss Projekte fördert, verschiedene Förderverfahren mit unterschiedlichen Anforderungen. Die Förderkriterien dazu werden auch veröffentlicht. Ich habe damals zwei Jahre für den Innovationsausschuss gearbeitet; zu diesem Thema bin ich jedoch nicht beratend tätig.
Was ist Dein Lieblingsort in Berlin-Mitte und warum ist er das?
Zwei S-Bahnstationen von der Geschäftsstelle des G-BA entfernt liegt direkt an der Spree und gegenüber dem Bundeskanzleramt der Zollpackhof. Das ist ein wunderbarer Ort, um den Arbeitstag mit einem kühlen Getränk im Schatten der großen Kastanien – mittendrin und trotzdem fernab der Großstadt Berlin – ausklingen zu lassen.
Politischer Scherbenhaufen vor den Ostwahlen: Die Gewalttat von Solingen, bei der ein syrischer Asylbewerber mehrere Menschen erstach, wühlt die Gemüter auf. Wenige Tage vor den wichtigen Landtagswahlen im Osten steht die Politik vor einem Scherbenhaufen, einem schmerzhaften Eingeständnis der Handlungsunfähigkeit. Dabei ist seit Jahren bekannt, dass Behörden, Kommunen und Sozialsysteme von den Flüchtlingsströmen überfordert sind, dass unkontrollierte Einwanderung ein Sicherheitsrisiko für unser Land darstellt und dass die Integration von Flüchtenden unter den gegebenen Umständen nicht zu meistern ist. Es mangelt auch nicht an Daten von Meinungsforschungsinstituten, die darauf hinweisen, dass die verfehlte Migrationspolitik zu einem politischen Risiko heranwächst. Seit vielen Monaten verzeichnet die Sorge vor unkontrollierter Einwanderung unter allen Sorgen der Bevölkerung die größten Ausschläge (34% im August). Die Angst vor sowohl steigender Kriminalität (31%), Extremismus (16%) als auch Terrorismus (13%) tut ihr Übriges. Das vermittelt den Eindruck, als hörten die etablierten demokratischen Parteien ihren Wählerinnen und Wählern nicht zu, als wollten sie die Sorgen und Ängste als populistisches Stammtischgegröle abtun und in den politischen Untergrund befördern. Es ist mir rätselhaft, warum wir uns in endlosen Talkshows die Münder über Politikverdruss und Demokratiemüdigkeit fusselig reden. Einen Zusammenhang zwischen dem Missmut in der Bevölkerung über verfehlte Migrationspolitik und dem zunehmenden Zuspruch für die AfD zu erkennen, ist wahrlich keine Raketenwissenschaft. Flüchtlingspolitik ist ein komplexes Thema mit vielen juristischen Fallstricken. Jedoch sollte dies kein Grund dafür sein, weiterhin zu prokrastinieren. Die Menschen in unserem Land haben ein Recht auf eine konstruktive Migrationspolitik, die einerseits illegale Einwanderung unterbindet, andererseits dabei das Recht auf Asyl für Verfolgte erhält und die Immigration von Fachkräften fördert. (RG) / Quelle: What Worries the World – August 2024 | Ipsos
„Die Schuldenbremse ist eine Ungerechtigkeitsbremse“: In der FAZ ist ein Gastbeitrag von Gesamtmetall-Präsident Dr. Stefan Wolf zur Schuldenbrems erschienen. Er wiederholt den entscheidenden Punkt der Debatte. Die Schuldenbremse verhindert, dass eine Regierung ihre Agenda umsetzt und die Rechnung dafür den Nachfolgeregierungen und den nachfolgenden Generationen präsentiert.Dafür hat Wolf Beispiele parat. Anstatt ausreichend in die Infrastruktur zu investieren, hat die Groko aus Union und SPD die Rente mit 63 und die Mütterrente eingeführt. Ihr könnt den Beitrag auf der Website von Gesamtmetall lesen. (MB)
“Westminster Insider Podcast von Politico: Meet the new MPs taking on Westminster”: Wie läuft das Onboarding, wenn neugewählte Abgeordnete in den Parlamentsbetrieb eintreten? Das ist in Großbritannien ähnlich wie im Bundestag. Nur geht dort alles etwas schneller vonstatten, unter anderem weil es in der Regel keine langwierigen Koalitionsverhandlungen gibt. Ungewöhnlich finde ich, dass die Abgeordneten kein Fragerecht im Parlament haben, bevor sie ihre Maiden Speech gehalten haben. Der Host Sascha O’Sullivan spricht launig mit einigen der neuen MPs. Es ist üblich, dass diese erst einmal als Hinterbänkler einsteigen müssen, bevor man ihnen interessante Aufgaben zugesteht. Unsichtbar dürfen sie aber auch nicht bleiben; also genau wie bei uns. Ihr findet den Podcast auf der Website von Politico. (MB)
„Warum so viele Jüngere AfD gewählt haben“: Am nächsten Wochenende wird in Sachsen und Thüringen gewählt. Eine der sich zwangsläufig anschließenden Diskussionen wird der Erfolg der Populisten bei jungen Wählern sein. Mirko Drotschmann (Mr Wissen to go) hat die Frage im Anschluss an die Europawahl auf seinem YouTube-Kanal behandelt. Einer der No-Brainer ist das Thema Reichweite auf den gängigen Social-Media-Plattformen. Die Kritik an ihrem mangelhaften Engagement werden sich die Parteien der Mitte erneut unter die Nase reiben lassen müssen. Die AfD macht vor, dass mehr Einsatz der Parteien und Fraktionen erfolgreich ist. Die Ausweitung der Regierungskommunikation ist aus meiner Sicht aber ein Irrweg. Ein Zuviel an staatlicher PR untergräbt das Vertrauen in unsere Demokratie. (MB)
„Wie Do It Yourself Umfragen im Wahlkampf genutzt werden können“: Es gibt zahlreiche Tools, mit denen Ihr Online-Umfragen erstellen könnt. Florens Mayer hat ein paar Ideen für Wahlkämpfe aufgeschrieben. Einbinden, evaluieren und Leads generieren, dafür lassen sich Umfragen bei Unterstützern und Wählern einsetzen. Die Ideen lassen sich auch auf Organisationen, Unternehmen und Verbände übertragen. Ihr findet sie im Text auf der Website vom Politsnack-Blog. (MB)
„Ausländer erwirtschaften im Osten 24,6 Milliarden Euro“: Im aktuellen IW-Kurzbericht analysieren Wido Geis-Thöne und Benita Zink die Bedeutung ausländischer Arbeitskräfte in den ostdeutschen Bundesländern. Auf sie geht 5,8 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung zurück. Es geht um 403.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Wie zu erwarten, stellen Polen den größten Anteil. Die IW-Veröffentlichung ist auf die anstehenden Wahlen gemünzt. Das ist sinnvoll, weil die Zahlen noch wuchtiger und wirkungsvoller sind, als Statements von Unternehmern, die darauf hinweisen, wie schwierig es ist, ausländische Mitarbeiter für ostdeutsche Betriebe zu gewinnen. (MB)
Felix Dachsel: Welche relevanten Hauptstadtjournalisten sind auf Twitter / X auch in den Debatten aktiv? Zum Beispiel Felix Dachsel vom Spiegel. Folgt ihm. (MB)
Berlin Campaign Conference: Ich weise in dieser Kategorie eigentlich nicht auf kostenpflichtige Veranstaltungen hin. Bei der Berlin Campaign Conference von TheRepublic mache ich eine Ausnahme. Klar einige werden jetzt die Nase rümpfen. TheRepublic und die Partner, mit denen die Konferenz ausgerichtet wird, bekennen sich zu mitte/rechts und konservativ. Sind sie auf MAGA-Kurs, wie zuletzt in einigen Medien zu lesen war? Ich denke nicht, aber den Zusammenhang von Heritage-Fundation, dem Project 2025 und Trump kann man nicht wegdiskutieren. Aber warum an der kostenpflichtigen (500 Dollar) Konferenz teilnehmen? Ihr bekommt einen komprimierten und unverstellten Einblick in eine Denke, die im politischen Berlin selten die Default-Einstellung bei Mitarbeitern und Führungskräften von Verbänden, Unternehmensrepräsentanzen und Agenturen ist. Spart euch die nächste re:publica und geht stattdessen zur Berlin Campaign Conference; 4. bis 6. September. (MB)
Teras Döner: Ein Döner in Mitte? Da ist mir bislang nichts aufgefallen, was ich vorbehaltlos empfehlen würde. Auf Grund eines Hinweises von Serap Güler habe ich jetzt mal den Teras Döner – oder besser den Adana Kebap als Tellergericht (16 Euro) – getestet. Und es hat mir geschmeckt. Der normale Döner kostet 6,50 Euro. Die Portion schaut sehr anständig und die Kunden schauen sehr zufrieden aus. Es ist ordentlich Betrieb. Das Adana Kebap war gut gegrillt. Es hätte noch etwas schärfer sein können, dafür war es nicht übermäßig gesalzen. Die Beilagen waren reichlich. Es gibt schöne Draußen-Plätze; es gilt aber Self-Service. Als passendes Getränk habe mich für einen Ayran entschieden. Ihr bekommt auch Alkohol. Geöffnet ist von 10:00 bis 23:00 Uhr. Ihr findet das Restaurant in der Wilhelmstraße 45. Mehr Infos, tolle Politikerfotos – von Kohl bis Merkel und die Speisekarte findet Ihr auf der Website des Restaurants. (MB)
„Herrn Kukas Empfehlungen“: Polen, Tschechen, Ungarn; wer in Berlin lebt, lernt immer wieder Menschen kennen, die in Osteuropa groß geworden sind. Wer diese Menschen besser verstehen möchte, dem lege ich den Roman „Herrn Kukas Empfehlungen“ von Radek Knapp ans Herz. Knapp, ein gebürtiger Pole, erzählt mit viel Leichtigkeit und Humor die ersten Erfahrungen eines jungen Polen bei einer Reise ins Nachwendewien. Das lässt sich gut an einem Nachmittag auf der Schlachtensee-Wiese durchlesen. Bestellen könnt Ihr es u.a. bei Amazon. (MB)
Werkstudent:innen (m/w/d) an Standorten Berlin & München bei Agora Strategy Group AG, Videograf:in & Content Creator (m/w/d) bei Brand New Bundestag, Praktikant:in im Bereich Political Strategy & Data (m/w/d) bei Brand New Bundestag, IT Admin Support (5-8h / Woche)(m/w/d) bei Brand New Bundestag, Senior / Managing Consultant (m/w/d) || Konzeption und Beteiligung Bahninfrastruktur bei ifok GmbH
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