Andrej Gross, Wählergunst für die Grünen und ein Schloss der Frauen

QUIZ

„Wenn zum Beispiel der Eindruck entsteht, im politischen Berlin wären die größten Probleme „Layla“ und Winnetou und nicht die steigenden Energiepreise, dann wenden sich Menschen ab.“

Herzlich willkommen

Liebe Leserinnen und Leser,

65 Milliarden Euro Entlastungspaket; in Relation zum Bundeshaushalt 2022 in Höhe von 500 Milliarden Euro ist das ein kräftiger Schluck aus der Pulle. Wird sich nun die öffentliche Debatte beruhigen oder geht der Trend in Richtung eines nächsten Entlastungspaketes? Besser wäre es, wenn sich die Bundesregierung mehr um die Wirtschaft kümmern würde. Gefragt sind Ideen, die Unternehmen den Alltag erleichtern, ohne zusätzliche Belastungen für den Bundeshaushalt zu verursachen.

Euer Matthias Bannas

In the Hood

Wöchentlich stellen wir Persönlichkeiten aus Berlin vor, befragen sie über das Stadtleben, Kommunikation und die Politik in Berlin. Diese Woche haben wir mit Andrej Gross gesprochen. Er ist Director Public Affairs East Germany and Berlin der Deutsche Messe AG. Die Deutsche Messe AG richtet die HANNOVER MESSE und viele andere Messen in Hannover und der ganzen Welt aus – weitere Schwerpunktmärkte sind China, Mexico, Türkei und USA.

Die Corona-Krise und der Krieg in der Ukraine; Bundeskanzler Scholz spricht von einer Zeitenwende. Welche Herausforderungen bringen die unterbrochenen Lieferketten und das Aufflammen von Protektionismus für die Deutsche Messe AG mit sich?

Die Jahre 2020/2021 waren schwere Jahre für das Messewesen. Es ging auf den Messegeländen dieser Welt wegen Covid quasi über Nachts nichts mehr. Davon hat sich die Messewirtschaft noch nicht erholt. Der brutale Überfall Russlands auf die Ukraine hat Europa erschüttert, unsere Aktivitäten in Russland sind eingestellt. Für unsere Aussteller und Partner sind unterbrochene und sich neu konstituierende Lieferketten ein wichtiges Thema, dort zeichnen sich tiefgreifende Veränderungen ab. Ebenso wie im Messewesen, wo die Digitalisierung voranschreitet.

Du bist das Gesicht der Deutsche Messe AG im politischen Berlin. Wer sollte auf jeden Fall mit Dir ins Gespräch kommen und warum?

Wir wollen als Veranstalter von Messen und Events neuen Themen und inspirierenden Menschen Plattformen zum Austausch und Networking bieten. Ich bin immer wieder begeistert, „Pioneers“ kennenzulernen, die die digitale Transformation und die Energiewende vorantreiben oder spannende Themen wie Quantentechnologie, Digital Health und Space in die breite Anwendung bringen (wollen). Zu meinen GesprächspartnerInnen zählen neben VertreterInnen der Politik, Wirtschaft und Wissenschaft auch die ausländischen Botschaften hier in Berlin.

Was ist Dein Lieblingsort in Berlin-Mitte und warum ist er das?

So divers Berlin ist – so unterschiedlich meine Lieblingsorte hier: zB Winterfeldtplatz oder Gendarmenmarkt. Meinen Lieblingsdöner gibt es am Rosenthaler Platz. Wenn ich keine Termine habe, arbeite ich auch gern mal remote im Soho House. Ich mag die entspannte Atmosphäre dort und kann vor oder nach der Arbeit auch gleich noch ins Gym – das ist nicht unwichtig, da einige Berliner Cafés hervorragende Torten und Kuchen anbieten z.B. Kalwil oder Buchwald…

Measure

Union und Grüne verlieren leicht in der Wählergunst: Obwohl es im politischen Berlin einen Hauch von Panik gibt, sehen wir wenig Veränderung in der Unterstützung der Bürger für die Regierungsparteien. Lediglich die Grünen haben einen Prozentpunkt verloren. 21 Prozent der Bürger würden die Grünen wählen, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahlen wären. Vor einem Monat waren das noch 22 Prozent. Das mag an den Ausrutschern des allgegenwärtigen Wirtschaftsministers Habeck liegen, der sich mit der Gasumlage und dem einen oder andern öffentlichen Auftritt nicht immer im besten Licht gezeigt hat. Die Union hingegen konnte kein „Wählerkapital“ aus der Situation schlagen. Die Oppositionspartei verlor ebenfalls einen Prozentpunkt in der Wählergunst. Im Juli hatten sich noch 27 Prozent der Bürger dafür ausgesprochen, die Union zu wählen, nun sind es 26 Prozent. Die Daten hierzu werden in Kürze bei Ipsos.de veröffentlicht. (RG)

Read

„Wiedervereinigt auf dem Rücken von Migranten und Migrantinnen?“: Tilman Wickert schreibt in diesem Diskussionsbeitrag im Deutschlandarchiv auf, warum die 90er-Jahre kein Rückschritt in der Asyl- und Integrationspolitik waren, wie es „von einigen Journalisten, migrantischen Speakern, Aktivisten und Theatermachern“ jüngst behauptet wurde. Die 90er sind durch massive Gewalt (Stichwort Baseballschlägerjahre) und Anschläge (von Mölln bis Lichtenhagen) in Erinnerung geblieben. Dieses Bild darf aber nicht auf die handelnde Politik übertragen werden. Wickert lässt die in der Zeit entstandene Gesetzgebung Revue passieren und kommt zu dem Schluss, dass diese zu deutlichen Verbesserungen bei den Betroffenen geführt hat. (MB)

Listen

„Personal- und Lieferengpässe – Unternehmen unter Druck“: Wie gehen Unternehmen mit dem fortdauernden Krisenmodus um? Ein paar Antworten dazu hat Vivien Leue (DLF) bekommen. In der Gastronomie ändern sich Geschäftsmodelle. Wenn es kein Personal gibt, wird aus einem Hotel mit Restaurant ein Hotel Garni. Im Einzelhandel wird investiert, um neue Kundengruppen anzusprechen und die Industrie hat sich trotz widriger Umstände den Optimismus erhalten. Fraglich erscheint mir, ob es gerade zusätzlichen Druck auf die Wirtschaft bedarf (Stichwort Klimaschutz), der im Beitrag von der neuen NRW-Wirtschaftsministerin aufgebaut wird. (MB)

Watch

Bosetti will reden … über das 9-Euro-Ticket: Kurzweiliges Politik-Comedy-Format mit Sarah Bosetti vom ZDF; passgenau für Social Media produziert. Mir gefällt die unterkühlte ironische Ansprache mit wohldosierten Punchlines und die gut geschminkt und frisierte Protagonistin. Inhaltlich ist es viel zu berechnenbar. Konservative und Liberale sind die Bösen, der Kanzler hat zu wenig Format; Gähn. Dabei wird das 9-Euro-Ticket ausdrücklich von der FDP gepusht. … und es kommt auch allen Besserverdienenden zugute. Also wo bleibt die sonst so beliebte Gießkannen-Kritik? (MB)

Learn

Rechtstipps für Fotografen – Von der Aufnahme bis zur Bildbearbeitung“: Endress Wanckel hat für das Fotomagazin aufgeschrieben, welche rechtlichen Herausforderungen beim Fotografieren von Personen bestehen. Streng genommen muss ich bei Events alle Fotografierten nach einer Einwilligung gefragt haben. Ausnahmen gibt es nur für Versammlungen; wie zum Beispiel Demos. Wenn ich die Rechte zur Nutzung von Fotos erwerbe, müssen diese eigentlich auch ein Bearbeitungsrecht beinhalten. Ansonsten darf ich die Fotos nicht einmal für die Webnutzung komprimieren, geschweige denn zuschneiden. Im Text findet weitere Antworten und die einschlägigen Rechtsgrundlagen. (MB)

Know

„Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Umwelt- und Klimaklagen“: Lea Main-Klingst und Simon Simanovski haben auf der Website der Böll-Stiftung aufgeschrieben, welche Klimaklagen aktuell laufen und wie die Klagestrategien ausschauen. Ansatz sind internationale Verträge (Pariser Klimaschutzabkommen) oder nationale Gesetze (deutsches Klimaschutzschutzgesetz). Beklagt wird die mangelhafte Umsetzung. Wie beim einschlägigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts sind die Kläger oft jüngere Menschen, die ihr Recht auf ein Leben – in einer nicht von der Klimakatastrophe beeinträchtigen Welt – verletzt sehen. Es kann gut sein, dass einige dieser Klagen erfolgreich sein werden. Aber vielleicht gehen die erfolgreichen Klagen nach hinten los? Warum sollten Staaten Verträge unterzeichnen, die erhebliche Klagerisiken mit sich bringen? Gesetze sind nicht in Stein gemeißelt, dass deutsche Klimaschutzgesetz kann jederzeit novelliert / entschärft werden. (MB)

Follow

Gitta Connemann: Connemann ist das Gesicht der CDU-nahen Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT). Ein Großteil ihrer Twitter-Aktivität sind Retweets. Dabei wäre eine Diskussion zur Frauenquote in der CDU v – die von ihr und der MIT abgelehnt wird – or dem Hintergrund des Parteitags auf Twitter besonders interessant. Folgt ihr hier. (MB)

Attend

„Schloss der Republik – Schloss der Frauen / Zur Geschichte des Berliner Schlosses nach 1918“: Am 12.9.2022, von 17:00 Uhr – 19:00 Uhr veranstaltet die Friedrich-Naumann-Stiftung in der ESMT European School of Management and Technology (Schlossplatz 1 / 10178 Berlin) einen Talk mit Christian Walther (Journalist und Politologe), Irmgard Schwaetzer Bundesministerin a.D. und Stefan Förster MdA zu einem noch nicht so stark ausgeleuchteten Teil der Geschichte des Berliner Stadtschlosses. Im Anschluss könnt Ihr an einem geführten Spaziergang zum Schloss teilnehmen. Hier geht es zur Anmeldung. (MB)

Eat and drink

Tupperware + gemeinsam essen: Wer über sozialen Vertrieb nachdenkt, landet schnell bei Tupperware. Mit der Inflation könnte Tupperware einen zusätzlichen sozialen Schub erhalten. Selber kochen ist preiswert; auch bei steigenden Energiekosten. Wichtig ist, sich trotzdem für ein Mittagessen Zeit zu nehmen und nicht alleine vor dem Bildschirm zu essen. In der Corona-Zeit gab es viele Spaziergang-Meetings. Vielleicht gibt es in den nächsten Monaten das eine oder andere Tupperware-Lunch-Meeting? (MB)

Buy

Madeleine Albright – „Die Hölle und andere Reiseziele“: Albright beschreibt in ihren letzten Buch ihr Leben nach der aktiven Politik. Sie hat zwar viele interessante Geschichten parat, trotzdem erinnert das Buch mit seinen zahlreichen unterschiedlichen Themen an ein Jahressteuergesetz. Einiges muss adressiert, vieles muss irgendwie abgearbeitet werden. Ein roter Faden fehlt. Am ehesten könnte dieser Female Empowerment sein; es taucht immer wieder aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf. Am interessantesten finde ich ihre Auseinandersetzung mit der Frage, welcher Sinn steckt in dem, was ich nach der Ausübung wichtiger Ämter mit mir anstelle? Sie hat auch eine offensichtlich erfolgreiche Lobbying-Agentur gegründet. Ein naheliegender Schwerpunkt der Agentur war / ist der Erschließung neuer Märkte im Ausland. Da schließt sich der Kreis zu ihrer Arbeit als Außenministerin. Hier findet Ihr das Buch bei Dumont. (MB)

Work

Quiz-Auflösung

SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil im SZ-Interview vom 3. September