Christine Aschenberg-Dugnus MdB zum Genderproblem von KI in der Medizin, winning Votes on TikTok und wie wir wirklich leben

QUIZ

„Die großen Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt haben nichts zu tun mit den Zuwanderungsbewegungen der Flüchtlinge.“

Bundeskanzler Olaf Scholz; zitiert aus einem Text von Michael Höfling / Die Welt 9. September

Herzlich willkommen

Liebe Leserinnen und Leser,

willkommen zurück in der neuen Spielzeit. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese abrupt vorzeitig enden wird. Aber vielleicht sorgt der auf Kante genähte Haushalt dafür, dass sich die Reihen bei der Ampel jetzt schließen. Neben den Haushaltsverhandlungen gibt es in dieser Woche viele Gelegenheiten für mehr Miteinander. Wenn Ihr ein paar Bewegtbildimpressionen der verspäteten Sommerfeste anschauen möchtet, abonniert doch den Insta-Kanal von berlinbubble.

Euer Matthias Bannas

In the Hood

Wöchentlich stellen wir Persönlichkeiten aus Berlin vor, befragen sie über das Stadtleben und die Politik in Berlin. Diese Woche haben wir mit der Bundestagsabgeordneten Christine Aschenberg-Dugnus gesprochen. Sie ist Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion der Freien Demokraten und Mitglied im Gesundheitsausschuss. Im Rahmen Ihrer Initiative Frauengesundheit im Fokus findet am 26. September die Veranstaltung „Das Genderproblem von KI in der Medizin“ statt.

Bislang wurden KI-Anwendungen häufig mit Daten gespeist, in denen Frauen unterrepräsentiert sind. Welche Auswirkungen hat das im Gesundheitssektor?

Der Nutzen von KI misst sich an den zugrundeliegenden Algorithmen und Daten. Die Unterrepräsentation von Frauen in den Datensätzen durch ein mangelndes Bewusstsein für Geschlechterunterschiede erhöht die Gefahr einer Fehlversorgung. Diagnosen und Behandlungen, die auf diesen Daten basieren, können weniger genau sein und Symptome bei Frauen übersehen oder falsch interpretieren. Dies führt zu schlechteren Behandlungsergebnissen, verstärkt bestehende gesundheitliche Ungleichheiten und beeinträchtigt die Versorgungssicherheit für Frauen.

Hat Bundesregierung Spielraum dieses Problem zu lösen oder zumindest abzumildern? Was müsste konkret passieren?

Wir müssen rechtliche und gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen so anpassen, dass geschlechtersensible Medizin grundsätzlich zum Tragen kommt. Dazu gehört z.B. eine intensivierte Forschungsförderung, geschlechtersensible Medizin in ärztlichen Aus- und Weiterbildungsprogrammen und eine gesamtgesellschaftliche Sensibilisierung für das Thema. Ganz wichtig ist auch die Berücksichtigung geschlechtssensibler Daten in klinischen Studien und Patientenregistern.

Was ist Ihr Lieblingsort in Berlin-Mitte und warum ist er das?

Morgens ist das ama Café bei mir um die Ecke ein toller Rückzugsort außerhalb des Bundestags-Trubels – mit leckerem Kaffee, gesunder Speisekarte und sehr freundlichem Personal. Abends auf dem Weg zurück in meine Wohnung gehe ich gerne die Spree im Regierungsviertel entlang und lasse den Tag in dieser beeindruckenden Kulisse Revue passieren. Als Norddeutsche bin ich dem Wasser schließlich sehr verbunden.

Falls Ihr an der Veranstaltung der FDP-Bundestagsfraktion zur Frauengesundheit am 26. September, um 19 Uhr, im Naturkundemuseum Berlin, Invalidenstraße 43, 10115 Berlin, teilnehmen möchtet, könnt Ihr euch auf dieser Website anmelden.

Foto: Lena Dugnus

Measure

Die Jugend und der Rechtsruck: Warum wählen junge Menschen die AfD? Die AfD feiert bei den jungen Wählerinnen und Wählern derzeit bemerkenswerte Erfolge, wie sowohl die Europawahl als auch die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen zeigen. In Sachsen erzielte die AfD bei einer simulierten Landtagswahl für Jugendliche mit deutlichem Abstand das beste Ergebnis. 34,5 Prozent der unter 18-Jährigen würden demnach der Partei ihre Stimme geben. Zwar ist die Wahl nicht repräsentativ, dennoch nahmen an dem Projekt beeindruckende 9000 Jugendliche teil. Laut dem Politikberater Johannes Hillje liegt die Ursache für die Zugewinne der AfD bei jungen Wählern in deren Verunsicherung über die eigene Zukunft. Themen wie Inflation, Migration und die Krise auf dem Wohnungsmarkt belasten auch junge Menschen, besonders wenn sie das Elternhaus verlassen. Zusätzlich hat die TikTok-Kampagne der AfD maßgeblich zu ihrem Erfolg beigetragen. TikTok erfreut sich gerade bei jungen Menschen großer Beliebtheit. Eine Studie der Liz Mohn Stiftung zusammen mit Ipsos bestätigt zugleich, dass junge Menschen die Entwicklung Deutschlands kritisch betrachten und der Meinung sind, dass etablierte Parteien ihre Sorgen nicht wahrnehmen. Fast zwei Drittel der befragten Kinder und Jugendlichen glauben, Politiker hörten ihnen nicht zu, und über die Hälfte fühlt sich unzureichend in politische Entscheidungen eingebunden. Nur etwas über die Hälfte ist mit der Demokratie in Deutschland zufrieden. Diese negative Wahrnehmung des politischen Systems wird mitverantwortlich für das Wahlverhalten junger Menschen sein. Jedoch bleibt zu bemerken, dass immerhin 70 Prozent Demokratie als eine gute Regierungsform ansehen und beinahe drei Viertel zuversichtlich in die Zukunft schauen. (RG) Quellen: Simulation zur Sachsen-Wahl: Viele Jugendliche wählen AfD – ZDFheute / Studie “Einstellung und Sorgen der jungen Generation Deutschlands 2024 (liz-mohn-stiftung.de)

Read

„An Obituary for EU Foreign Policy“: Die europäische Außenpolitik der letzten Jahre war keine Erfolgsgeschichte. Rosa Balfour macht in einem Text für Carnegie Europe dafür auch das Erstarken der Rechts- und Linkspopulisten verantwortlich. Besonders gut gefällt mir ihr Vorschlag, das außenpolitische Gewicht Europas zu erhöhen, indem man in Europa wieder stärker demokratische Werte lebt und dadurch an demokratischer Überzeugungskraft gewinnt. (MB)

Listen

„The rise of Germany‘s far-right“: Alastair Campbell und Rory Stewart analysieren in dieser Folge ihres „The rest is politics“ Podcast die Wahlen in Thüringen und Sachsen und verknüpfen das mit der Situation in Österreich und Frankreich. Eine Regierungsbildung ohne Populisten und Extremisten von links und rechts? Das wird immer schwieriger. Auffällig ist der Boom der FPÖ in Österreich, obwohl die wirtschaftliche Situation dort viel besser ist. Man darf also die extremistischen Parteien erst garnicht groß werden lassen, weil es unglaublich aufwändig ist, sie wieder klein zu kriegen. Ihr findet den Podcast u.a. bei Spotify. (MB)

Watch

“Project 2025”: Trumps Geheimplan im Check: Jan Schipmann analysiert in diesem Beitrag das Project 2025 der Heritage Foundation. Die Reportage wird als Backgroundcheck angekündigt. Das ist Quatsch, dafür bleibt der Beitrag viel zu sehr an der Oberfläche und gibt sich damit zufrieden, bereits bekannte Vorurteile zu reproduzieren. Wer mehr erfahren möchte, sollte sich die Mühe machen, die Website von Project 2025 querzulesen. Ihr findet die Reportage beim ZDF. (MB)

Learn

Elevating your Expertise: Content für LinkedIn erstellen? Das wird für politische Kommunikation immer wichtiger. Aber lässt sich das mit den Vorstellungen der Plattform in Einklang bringen? Der jüngst erschienenes Kreator-Newsletter lässt mich mal wieder zweifeln. Im Zentrum des Newsletters steht das Buzzword-Buzzword Thought Leadership. Schlimmer geht es nicht. Vielleicht seid Ihr weniger voreingenommen als ich? (MB)

Know

„Wie wir wirklich leben 2024“: Das rheingold Institut hat gemeinsam mit Philip Morris zum wiederholten Male das Thema Populismus im Rahmen einer Studie mit qualitativen und quantitativen Elementen untersucht. Besonders interessant ist der Hinweis auf den Mangel an Solidarität bei den Anhängern populistischer Parteien. Das ist nachvollziehbar. In Hinblick auf Migration finde ich die Einordnung aber schwierig, weil das Thema von einem sehr großen Teil der Bevölkerung als Problem betrachtet wird, der die Wähler populistischer Parteien weit übersteigt. Ihr findet die Ergebnisse der Studie auf dieser Website. (MB)

Follow

Sabine Frank: Sie ist die Cheflobbyistin von Google für die DACH-Region. Und es ist sehr sympathisch, dass man aus ihren LinkedIn-Beiträgen ihre frühere Verantwortung für YouTube herausliest. Folgt Ihr und abonniert bei der Gelegenheit auch den Politik-Newsletter von Google. (MB)

Attend

„Kompetenztraining Social Media – Erweiterungsmodul“: Social Media moderieren und planen“: Die Friedrich-Ebert-Stiftung bietet am 20. und 21. September in Berlin ein Präsenzseminar zu Social Media an. Moderationsskills sind für alle unverzichtbar, die Verantwortung für politische Accounts übernehmen. Jona Hölderle führt das Seminar durch. Es kostet 50 Euro. Anmeldung und weitere Infos auf der Website der Stiftung. (MB)

Been there


Berlin Campaign Conference von TheRepublic: „Please, don‘t be afraid of ukrainian victory and please don’t be afraid of russian defeat.“: Petro Poroschenko, der ehemalige Präsident der Ukraine und Oppositionsführer im ukrainischen Parlament, machte auf der Berlin Campaign Conference von TheRepublic unmissverständlich klar, dass die Ukraine alles tun wird, um den Krieg gegen Russland siegreich bis zum Ende zu führen. Er forderte den Westen auf, die Ukraine auch weiterhin zu unterstützen und bedankte sich ausdrücklich für die bereits geleistete Unterstützung. Insbesondere vor dem Hintergrund des uneinheitlichen Stimmungsbildes in Deutschland zur Ukraine, hat mich Poroschenkos Rede beeindruckt. Im Mittelpunkt der Konferenz mit 100 Teilnehmern aus der ganzen Welt stand die Führung von Kampagnen; insbesondere von Wahlkampfkampagnen. Genau so wichtig war die Vernetzung von Akteuren aus Parteien und Vorfeldorganisationen aus dem christdemokratischen/mitte/rechten Spektrum. Hier ein Beispiel für einen der Fachvorträge. Sean Topham (Topham Guerin) war das Gesicht hinter der erfolgreichen Personal Branding Kampagne von Chris Luxon auf TikTok. Der amtierende neuseeländische Ministerpräsident Luxon hatte TikTok im Wahlkampf genutzt, um sich bekannt zu machen und ein dynamisches und zugängliches Image aufzubauen. Und zwar nicht nur bei jungen Zielgruppen. Denn es gibt einen Spillover-Effekt. Wer junge Zielgruppen erreicht, erreicht indirekt auch deren Bezugspersonen. Tophams Tipps: No Limits für Kreativität; feeding the beast TikTok; show not tell, wenn Du kein Clown bist, solltest Du auch nicht auf TikTok wie ein Clown agieren; Trends anpassen an politische Anforderungen. Im Vorfeld der Konferenz gab es jede Menge kritische Berichterstattung. Das hat mich nicht gewundert. NGOs wie Americans for Tax Reform sind für das politische Umfeld in Deutschland gewöhnungsbedürftig. Im Rahmen eines Taxpayer Protection Pledge unterzeichnen Abgeordnete eine Vereinbarung, mit der sie sich verpflichten, niemals für eine Steuererhöhung oder gegen eine Steuersenkung zu stimmen. Das wäre wohl in Deutschland nicht zulässig. Die Idee dahinter ist aber ganz charmant. Ein schlankerer Staat mit weniger Budget hat weniger Spielraum, in das Leben der Bürger einzugreifen. Und es ist genau das Gegenteil von dem, wie viele deutsche NGOs agieren. Denen – von Agora … bis zur DUH – geht es darum, den Staat aufzufordern, maximal in das Leben der Bürger einzugreifen. Deutschland könnte durchaus noch einige zusätzliche liberale, libertäre und bürgerliche ThinkTanks und Kampagnenorganisationen gebrauchen, die die politischen Debatten mit klugen Gedanken und Ideen beeinflussen. Die zahlreichen internationalen Teilnehmer der Berlin Campaign Conference haben erneut gezeigt, was alles möglich sein kann. Armin Petschner-Multari und Arian Aghashahi haben bereits zum zweiten Mal eine eindrucksvolle Konferenz auf die Beine gestellt. (MB) / Foto TheRepublic

Eat and drink

Krebse essen im Loxa: Verzeiht mir, dass ich mal wieder versuche, euch aus Mitte wegzulocken. Habt Ihr Lust auf fingerfertiges kulinarisches Abenteuer? Dann geht doch mal zum Krebse (blaue Krabben) Essen ins Loxa in der Suarezstraße 49. Geöffnet ist ab 18:00 Uhr, in der Woche bis 22:00 / am Wochenende bis 23:00 Uhr; Sonntag ist Ruhetag. Die Portion Krebse (400 Gramm, 35 Euro) ist ein optimaler Gang für 2 Personen. Auch alles andere hat mir geschmeckt. Es gibt tolle Weine; rund 5 Euro für 0,1. Und reserviert, der Laden ist superklein. Die Draußenplätze sind besonders schön. Mehr Infos auf der Website. (MB)

Buy

„Geheimnisse, Lügen und andere Währungen“ von Wolfgang Ainetter: Urlaub in Büsum an der Nordsee; dass Buch von Wolfgang Ainetter ist eine wunderbare Strandkorb-Lektüre. Es führt mich zurück zu meinem Alltag im politischen Berlin; aber in einem luftigen, charmanten und kurzweiligen Stil, das es den Blick auf die Nordsee überhaupt nicht stört. Und die immer wieder beschriebenen kulinarischen Freunden sind meilenweit entfernt von Backfisch mit Bratkartoffeln und Soft-Eis mit Lakritzstreuseln. Tolles Buch, mehr Infos beim Haymon-Verlag. (MB)

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