Diskutier mit mir – Joachim Kirschstein! Eine Interventionsspirale und die Fortschrittskoalition nach einem Jahr

QUIZ

“Es ist typisch deutsch, viele Politiker möchten einfach nur Gutmenschen sein.”

Herzlich willkommen

Liebe Leserinnen und Leser,

während Friedrich Merz als Oppositionsführer im Bundestag bella figura macht, ist seine Performance als CEO der CDU nicht überzeugend. Er hat bereits mehrere Büroleitungen im Konrad-Adenauer-Haus gefeuert. Direkt nach der Wahlniederlage in Niedersachsen nutzt er die Gelegenheit, um die wichtigsten operativen Posten im Haus neu zu besetzen. Es entsteht der Eindruck, als sei die Führung von Mitarbeitern nicht seine größte Stärke.

Euer Matthias Bannas

In the Hood

Wöchentlich stellen wir Persönlichkeiten aus dem politischen Berlin vor, befragen sie über das Stadtleben, Kommunikation und die Politik in Berlin. Diese Woche haben wir mit Joachim Kirschstein gesprochen. Er ist Geschäftsführer der Initiative „Diskutier mit Mir“, die mit ihrer gleichnamigen App das Ziel verfolgt, „digitale Brücken für mehr Demokratie-Engagement und Debattenfähigkeit zu schlagen.“

Die Idee hinter „Diskutier mit mir“ ist es Menschen mit konträren Positionen einen geschützten Raum für einen persönlichen Chat – eins zu eins – anzubieten. Warum ist das gerade jetzt so wichtig?

Das war 2017 die initiale Idee, die in einer Social Media Realität von Hasskampagnen und zunehmender Polarisierung für uns weiter Bedeutung hat. Heute geht es bei Diskutier Mit Mir in erster Linie um neue Partizipationsformate für jene Bevölkerungsgruppen, deren Perspektiven und Meinungen in den öffentlichen Debatten zu kurz kommen. Dafür sind wir mit dem hybriden Veranstaltungsformat FORUM X on Tour, mit dem wir uns vorrangig an Auszubildende und Handwerker*innen in ganz Deutschland wenden.

Das „Diskutier Mit Mir“ Angebot ist bereits im Jahr 2017 entstanden. Wo geht die Reise für euch hin? Was möchtet Ihr in den nächsten Jahren machen und erreichen?

Ab Frühjahr 2023 gehen wir auf Klimatour. Unter dem Leitmotiv “planet e – es kommt auf uns an“ werden wir aufzeigen, wie sich jede*r einzelne für sich und im Bündnis mit anderen in den Aufbau einer klimaneutralen Gesellschaft einbringen kann. In der Planung sind 75 Stationen in kommunalen Sozialräumen und hunderte von digitalen Beratungsoptionen, mit denen wir ein Programm der Selbstermächtigung aufzeigen. Denn nur wenn wir ALLE mitnehmen und Spaltungstendenzen rechtzeitig und motivierend entgegenwirken, kann die Transformation gelingen.

Was ist Dein Lieblingsort in Berlin-Mitte und warum ist er das?

Ich habe gleich zwei davon: Zum einen meine Wohnung in der Wallstraße und die offene soziale Mischung des Stadtraums, der sie umgibt. Zum anderen das Dach des Humboldt Forums, mit seinen weiten Perspektiven. Auch das Forum selbst ist ein deutlich gelungener Ort, als es die vielstimmige Kritik vermuten lässt. Man muss ihn nur annehmen.

Measure

Die Niedersachsen-Wahl – Auswirkungen auf die Bundesebene: Am Wahlabend der Niedersachsen-Wahl gab es viele Diskussionen über den Einfluss der politischen Stimmung im Bund auf die Landesergebnisse der Parteien und die Auswirkungen der Landtagswahl auf die Bundesebene. Nach den letzten Wahlprojektionen der Ipsos Politik- und Sozialforschung kann sich die Union im Vergleich zum Vormonat um einen Prozentpunkt verbessern. Trotz des Wahldebakels in Niedersachsen bleibt die Union damit klar stärkste politische Kraft in Deutschland. Die SPD hingegen verliert auf Bundesebene einen Prozentpunkt und ist mit 18 Prozent weiterhin nur drittstärkste Partei nach den Grünen, die sich auf Bundesebene bei knapp über 21 Prozent stabilisieren. Auch die FDP – die es in Niedersachsen nicht in den Landtag geschafft hat – verliert einen Prozentpunkt und fällt in der Gunst der Wählerinnen und Wähler von 8 auf 7 Prozent. Die AfD konnte auf Landes- wie auf Bundesebene Boden gut machen. In der jüngsten Ipsos Wahlprojektion würden 13 Prozent der Wahlberechtigten der Partei ihre Zweitstimme geben. Ob daraus ein Trend für die kommenden Monate wird und sich das Ergebnis der AfD auf die Sorgen und Verunsicherungen der Bürgerinnen und Bürger zurückführen lässt, bleibt zu beobachten. Zusammengefasst: Es zeigen sich wenige Zusammenhänge zwischen dem Ergebnis der Niedersachsen-Wahl und der politischen Stimmung im Bund. (RG) Die Daten zur Umfrage finden Sie hier: Sonntagsfrage: Abwärtstrend der Bundes-SPD setzt sich fort | Ipsos

Read

„In der Interventionsspirale“: Hätte ich doch im VWL-Studium besser aufgepasst, dann wäre mir der Begriff Interventionsspirale bereits über den Weg gelaufen. Er stammt von Ludwig von Mises und beschreibt das Schlamassel recht gut, in dem wir gerade stecken. Das wird an der Geldpolitik der EZB deutlich. Sie ist so lange von ihrer Kernaufgabe – der Gewährleistung von Geldwertstabilität – abgewichen, dass es jetzt für sie ein Ding der Unmöglichkeit zu sein scheint, ihre Politik der Unterstützung überschuldeter Staaten zu beenden. Das sollte der Bundesregierung ein warnendes Beispiel sein, die sich ebenfalls immer stärker von der Marktwirtschaft verabschiedet. Das hat der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler hier sehr klug für das Prometheus-Institut aufgeschrieben. Allerdings ist er als Mitglied der FDP-Bundestagsfraktion an dieser Politik nicht ganz unbeteiligt. (MB)

Listen

Die Berlin-Wahl im FAZ-Einspruch-Podcast mit Bundesverfassungsrichter Peter Müller und Reinhard Müller: Ab Minute 3:45 gibt es das Interview mit Peter Müller, der beim Bundesverfassungsgericht für die Wahlthemen zuständig ist. Er erklärt die unterschiedlichen Entscheidungsstränge bei der Wahlprüfung in Berlin. Über die Abgeordnetenhauswahl entscheidet das Landesverfassungsgericht endgültig / für Recht-Feinschmecker materiell. Nur bei Verfahrensmängeln könnte das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung kippen. Darum spricht alles für eine Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl. Über die Wiederholung der Bundestagswahl entscheidet erst einmal der Bundestag selbst. Im Anschluss ist eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht möglich. Interessant ist der Hinweis von Müller auf die Prüfung und die darauf erfolgte Entscheidung in Berlin. Ich habe da Sympathie und Zustimmung für eine Wiederholung der Bundestagswahl rausgehört; aber hört selbst hier und macht euch ein eigenens Bild. (MB)

Watch

„Lula oder Bolsonaro, das Duell“: Der Präsidentschaftswahlkampf in Brasilien geht in die zweite Runde. Um mehr zu erfahren, habe ich diese aktuelle französische Doku auf Arte von Ingrid Piponiot angeschaut. Die von Bolsonaro offen gezeigte Homophobie, seine Anknüpfung an die Militärdiktatur im Land und die enge Bindung an evangelikale Christen sorgen für Grusel. Die Doku erzählt aber nicht überzeugend, warum die Zustimmung für ihn so groß ist. Dabei liegt das auf der Hand. Große Teile der Partei Lulas waren in Korruptionsskandale verstrickt. Das Lula davon nichts gewusst hat, ist unglaubwürdig. Selbst wenn er davon nichts gewusst haben sollte, wirft das ein schlechtes Bild auf ihn. Hinzu kommt, dass Bolsonaro wohl auch mit der Forderung nach mehr unternehmerischer Freiheit punkten konnte, weil in der Regierungszeit von Lulas Partei eine bizarre Bürokratie entstanden ist. Anschauen lohnt sich. (MB)

Learn

Website-Analyse am Beispiel der OMR-Seite: Martin Gardt (OMR) hat hier die Erfahrungen des Unternehmens OMR mit dem Website-Analyse-Tool Contentsquare aufgeschrieben; dass den Artikel gesponsort hat. Das Tool ist für die Seiten im Sektor politische Kommunikation vermutlich überdimensioniert. Dennoch steckt in dem Prozess von OMR und dem Text viel Inspiration. Vielleicht macht es Sinn, mal wieder zu überprüfen, ob die eigene Website noch funktioniert. Machen die Nutzer das, was Ihr von ihnen erwartet, oder gibt es haufenweise Sackgassen auf eurer Seite, die für Frust sorgen? (MB)

Know

IAB-Kurzbericht zur „Regionalprognose für 2022/2023: Krisen dämpfen die positive Entwicklung in nahezu allen Regionen“: Das Institut der Bundesagentur für Arbeit IAB analysiert in seinem jüngsten Kurzbericht die regionalen Arbeitsmärkte Deutschlands. In der Betrachtung Gesamtdeutschlands geht das Institut trotz Rezession von einem Beschäftigungswachstum aus; besonders stark in Berlin, warum gerade da habe ich nicht rausgelesen. Ansonsten wachsen städtische Regionen stärker als ländliche Regionen. Gleichzeitig nimmt die Arbeitslosigkeit im Grundsicherungsbereich zu. Der Grund dafür ist die Fluchtbewegung aus der Ukraine. Die Prognose ist natürlich sehr unsicher, weil niemand weiß, wie sich die Energie- und Rohstoffmärkte entwickeln. (MB)

Follow

Sandro Gianella: Inspiration zu Public-Affairs-Themen, Digitalpolitik und Lustiges für zwischendurch finde ich immer wieder auf dem Twitter-Account von Sandro Gianella. Er arbeitet für das Fintech Stripe. Folgt ihm. (MB)

Attend

„Regieren in der Dauerkrise – Die Fortschrittskoalition nach einem Jahr“: Wenn es euch nicht zur Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen zieht, lasst doch die Woche im Basecamp bei einer vielversprechenden Polisphere Veranstaltung mit Tobias Lindner MdB (Staatsminister im Auswärtigen Amt), Katja Mast MdB (Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion), Gordon Repinski (Stellvertretender Chefredakteur „ThePioneer“) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann MdB (Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestags) ausklingen. Moderiert wird der Abend von Mareile Ihde (Leiterin Digitale Kommunikation bei polisphere). Daten kommen von Gregor Bauer (Leiter Research bei polisphere). Los geht es am Freitag, 14. Oktober 2022, um 18:15 Uhr. Das Basecamp findet Ihr in der Mittelstraße 51. Hier könnt Ihr euch anmelden. (MB)

Been there

Wirtschaftsforum Ungarn mit Viktor Orbán: Wie sind die Rahmenbedingungen für Investitionen in Ungarn? Einerseits gut; die Infrastruktur, die Körperschaftsteuer in Höhe von neun Prozent, die Zugehörigkeit zum Schengen-Raum und angeblich auch Behörden, die schnell reagieren. Auf der anderen Seite klagen immer mehr – insbesondere große deutsche Unternehmen, die schon lange in Ungarn Präsenz zeigen – über handfeste Repressalien. Einzelnen Branchen wurden erhebliche Sondersteuern in Höhe von 90 Prozent ihrer Gewinne auferlegt. Darum ist es zu begrüßen, dass sich Viktor Orbán, Ministerpräsident von Ungarn, einer kritischen Diskussion mit der deutschen Wirtschaft beim Wirtschaftsforum Ungarn stellt. Über seine bekannten gesellschaftspolitischen Vorstellungen breite ich mal den Mantel des Schweigens aus; die passen nicht zu einer freien Gesellschaft, die er mit viel Nachdruck propagiert. Durchaus sympathisch finde ich seine Vorstellung von einer Workfare- anstatt einer Walfare-Gesellschaft, die sich sehr an der Agenda 2010 von Gerhard Schröder orientiert. Auch der Einführung einer Flat-Tax spricht nichts entgegen. Das ein Staat aber nur souverän sein kann, wenn ihm mehr als 50 Prozent von Schlüsselindustrien wie dem Banken- oder dem Energiesektor gehören, ist mit einer freien Marktwirtschaft nicht in Einklang zu bringen. Sehr sportlich war der Auftritt von Péter Szijjártó, Minister für Auswärtiges und Außenhandel. Die Aufgaben von Diplomaten sei es, Empfänge für die ungarische Exportwirtschaft auszurichten und sein Ministerium mit potenziellen Investoren zu verknüpfen. Allerdings macht sein Haus wirklich einen guten Job, wenn es hält, was es verspricht; one face to the customer für Investoren. Veranstalter waren der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, die Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer sowie der Deutschen Industrie- und Handelskammertag. (MB)

Eat and drink

Ready für Ramen? Dann macht doch einen kleinen Spaziergang von Mitte-Mitte in die Mulackstraße 29 zum Restaurant Iimori Ramen. Es gibt vier Varianten als Mittagstisch von 12:00 bis 15:00 Uhr; alles für rund 10 Euro. Die Brühe hat einen intensiven Geschmack, ohne so versalzen zu sein, wie es bei Pho-Suppen manchmal der Fall ist. Die Nudeln haben eine gute Konsistenz; nicht zu weich mit einem cremigen Unterton. Ich habe mich für die Variante mit Schweinefleisch entschieden, eine kleine Portion, etwas fettig und sehr lecker. (MB)

Buy

Die Jobmesse CHECKPOINT Political Consulting: Du bist auf der Suche nach einem neuen Job in der Politikberatung oder möchtest Dich mit Kollegen und Arbeitgebern aus der Branche vernetzen? Dann solltest Du Dich für die CHECKPOINT Political Consulting Jobmesse (CKPT) am 24. November in Berlin-Mitte anmelden. Egal ob Absolvent, Absolventin oder Young Professional – beim CKPT ist für jeden etwas dabei. Du bekommst einen authentischen Einblick in Beratungen wie ifok, Brunswick, Johanssen + Kretschmer, ADVICE PARTNERS und Portland. Mit dem Code „berlinbubble“ erhältst Du 25% Rabatt auf die Tickets. Jetzt anmelden: https://politjobs.com/checkpoint-2022/. Das Standartticket kostet ohne Rabatt 24,90 Euro. (MB)

Work

Projektleiter:in Afrika Kooperation (m/w/d) bei Agora Verkehrswende, Studentische Unterstützung (m/w/d) bei Agora Verkehrswende, Parlamentarisch-Wissenschaftliche:r Berater:in (m/w/d) bei der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, Referent:in für Presse und Social Media (m/w/d) bei der Fraktion GRÜNE in Landtag von Baden-Württemberg, Referent:in für internationale Politik (m/w/d) bei der Deutschen Krankenhaus Gesellschaft
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Quiz-Auflösung

Andrij Melnik im Spiegel-Interview (Nr. 41 / 8.10.)