
Gaby Bischoff vertritt Berlin im Europaparlament und ist Stellvertretende Vorsitzende der S&D Fraktion. Dort ist sie Mitglied im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL), Mitglied und Erste Vize-Vorsitzende im Ausschuss für konstitutionelle Fragen (AFCO) und Mitglied im Sonderausschuss zur Wohnraumkrise (HOUS). Mehr Infos und die Kontaktdaten findet Ihr auf der Website von Gaby Bischoff.
Foto: Fionn Grosse
Gaby Bischoff MdEP ist Stellvertretende Vorsitzende der S und D Fraktion im Europaparlament
Wenn man sich bei Wirtschaftsverbänden in Berlin umhört, geht diesen das Omnibus-Paket nicht weit genug. Die bürokratischen Lasten von Unternehmen infolge europäischer Regulierung seien auch weiterhin zu hoch. Auf der anderen Seite gehen der S&D-Fraktion die Vorschläge zu weit. Was spricht aus Ihrer Sicht gegen das Paket?
Als sozialdemokratische Fraktion unterstützen wir das Ziel, europäische Vorschriften verständlicher und praxistauglicher zu gestalten – gerade für kleine und mittlere Unternehmen. Aber wir vertreten auch klar die Haltung, dass Vereinfachung nicht gleichbedeutend mit Abbau von Schutzstandards sein darf.
Das Omnibus-Paket greift in zentrale Gesetzgebungen ein, die unter anderem Menschenrechte entlang globaler Lieferketten schützen und Umweltverantwortung einfordern. Wir haben diese Regelwerke im Parlament mitgestaltet, weil sie ein europäisches Versprechen einlösen: dass unsere Wirtschaft nicht auf Kosten von Mensch und Umwelt funktionieren darf.
Unsere Kritik richtet sich also nicht pauschal gegen das Paket, sondern gegen Bestrebungen, unter dem Deckmantel der Bürokratieentlastung soziale und ökologische Standards aufzuweichen. Genau hier liegt unsere Verantwortung als Gesetzgeber*innen: zu unterscheiden zwischen echter Vereinfachung und dem Versuch, Verantwortung abzubauen.
In Deutschland zeichnet sich eine Koalition aus Union und SPD ab. Welche Auswirkungen wird das auf das Verhältnis und die Zusammenarbeit der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament mit der EVP-Fraktion haben?
Nun da es in Deutschland zu einer Koalition aus SPD und Union gekommen ist, wird das zweifellos auch Einfluss auf die politische Debatte in Europa haben. Umso wichtiger ist, dass die Zusammenarbeit der pro-europäischen Kräfte im Europäischen Parlament auf einem stabilen und wertebasierten Fundament bleibt.
In der Vergangenheit haben wir leider erlebt, dass Teile der EVP – etwa beim EU-Renaturierungsgesetz – gemeinsam mit rechtspopulistischen Kräften wichtige Fortschritte zu blockieren versucht haben. Solche Entwicklungen belasten das Vertrauen zwischen den Fraktionen, die für ein starkes, demokratisches Europa stehen.
Für uns ist deshalb klar: Wer in Deutschland Verantwortung übernimmt, muss diese auch in Europa tragen – und zwar nicht nur für wirtschaftliche Interessen, sondern auch für unsere gemeinsamen europäischen Werte. Wir sind offen für Zusammenarbeit – aber nicht um den Preis von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und sozialer Gerechtigkeit.
Was ist Ihr Lieblingsort in Berlin?
Einer meiner Lieblingsorte in Berlin ist der Lietzensee und die ihn umgebende Parkanlage. Zu jeder Jahreszeit bietet dieser Ort eine wunderbare Möglichkeit, die Natur mitten in der Stadt zu genießen und zur Ruhe zu kommen. An sonnigen Tagen zieht es mich außerdem auf meinen Balkon – mit einem guten Buch wird er für mich zum perfekten Rückzugsort.