Günter Bannas über Tipps für Journalisten
Mit ihrer rot-grünen Koalition haben Gerhard Schröder und Joschka Fischer 1998 Neuland betreten. Was können die Union und die Grünen aus diesem Bündnis lernen, wenn sie sich nach der nächsten Bundestagswahl in Koalitionsverhandlungen wiederfinden sollten?
Die Zeiten haben sich geändert. Zwischen Schröder und Fischer bestand 1998 ein besonderes Verhältnis. Sie kannten sich seit Jahren. Sie gingen zusammen in Bonner Kneipen. Gemeinsam wollten sie Helmut Kohl – nach dessen 16 Jahre langer Kanzlerschaft – ablösen. Ein Grundvertrauen zueinander hatten sie auch, was Konflikte und Meinungsverschiedenheiten nicht ausschloss. Und doch könnten Union und Grüne heute von Schröder und Fischer damals lernen? Zwei Dinge sind wichtig – und schwierig zugleich. Als erstes zu nennen, ist die Anforderung an beide Parteien, einander zu respektieren. Besonders für das Spitzenpersonal gilt das, was über den Kanzler und seinen Stellvertreter hinaus geht. Auch die Fraktionsvorsitzenden und die wichtigsten Bundesminister müssen das tun. Und natürlich ist es hilfreich, wenn große Teile der beiden Fraktionen dem folgen. Vor allem die CSU muss eingebunden sein – und zwar am besten, wenn es schon den eigentlichen Koalitionsverhandlungen einvernehmliche Kontakte existieren. Nach dem Stand der Dinge wird das ein schwieriges Unterfangen. Die zweite Voraussetzung ist ein Koalitionsvertrag, in dem zwar nicht jedes Detail geklärt, aber die wesentlichen Fragen der Politik beantwortet werden. Kein Partner darf überfordert werden. Aber natürlich muss der größere Partner mehr Einfluss haben, als der Kleinere. Gegenseitige Rücksichtnahme ist das Fundament jeglicher Koalition.
Der Berliner Politikbetrieb ist für Außenstehende schwer durchschaubar. Mit welchem journalistischen Trick gelingt es todsicher, Leserinnen und Lesern den Einstieg in eine Politikgeschichte zu erleichtern?
Nichts ist todsicher im Journalismus. Tödlich aber ist Langeweile. Wichtig ist der alte Spruch: Immer an den Leser denken. Sogenannte Tricks, einen Artikel mit vermeintlich unterhaltsamen Beobachtungen und sogenannten Feature-Elementen zu eröffnen, werden vom Leserinnen und Lesern durchschaut. Sie wollen nicht unterfordert werden. Mit Grausen wenden sie sich ab. Weitschweifige Einführungen, warum der Artikel wichtig und lesenswert sei, helfen auch nicht weiter. Doch was tun? Ein spannendes Zitat kann hilfreich sein. Oder die Schilderung von Auseinandersetzungen, die sogar dem Fachmann neu sind. Denn davon lebt der Journalismus: Neues zu berichten. Mit Hintergründen zu erklären. Und nicht zuletzt versuchen, wie der Politikbetrieb funktioniert – also das Zusammenwirken von Parteien und Koalitionspartnern, von Bundestag und Bundesrat, von Bund und Ländern also. Und nicht immer nur dieselben Akteure – deren Reden und Interviews – zu Wort kommen lassen, sondern auch die sogenannte zweite Reihe. Deren Stimmung und ihre Stimmungen wirken sich oft genug auf das Verhalten und die Politik ihrer Führungen aus.
Was ist Ihr Lieblingsort in Berlin-Mitte und warum ist er das?
Das Flanieren in Berlin-Mitte rund um das Reichstagsgebäude ist immer noch eine schöne Sache – auch Jahre nach meinem Ausscheiden bei der Frankfurter Allgemeinen. Gelegentliches Treffen – nach Verabredung oder auch zufällig – genieße ich. Wie es so heißt: Wiedersehen macht Freude. Einen Lieblingsort im engeren Sinne aber hatte ich schon früher nicht. Sehen und gesehen werden, war nicht mein Ding. Berlin-Mitte war ein Arbeitsort, nicht ein touristisches Ziel.