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Mattheus Berg ist Gründer der Kampagnen-Agentur wahlwerkstatt. Nach Stationen in Willy-Brandt-Haus und Bundestag war er als Berater für verschiedene politische Akteure, Organisationen und Unternehmen in ganz Deutschland tätig.

Die wahlwerkstatt versteht sich als Expertenteam für politische Kommunikation von Kommune bis Spitzenpolitik und durfte in den vergangenen Jahren über 100 Kandidaturen bei ihrem Weg in den Gemeinde- und Stadtrat, ins Bürgermeisteramt, zum Landrat, in den Landtag oder in den Bundestag begleiten.

Mattheus Berg ist Gründer der Kampagnen-Agentur wahlwerkstatt

Erst kurz vor einer Wahl oder einer neuen Kampagne auf Social Media aktiv werden, dass hat in Zeiten chronologischer Algorithmen nicht funktioniert. Hat sich das aufgrund der Algorithmen von TikTok und Instagram, die Viralität unabhängig von der Follower-Anzahl ermöglichen, geändert? Oder ist es für politische Akteure weiterhin sinnvoll, sich langfristig und regelmäßig auf den relevanten Plattformen zu engagieren?

Die Dynamik der Algorithmen auf TikTok und Instagram hat sich zwar fundamental verändert – doch wer daraus ableitet, politische Kommunikation müsse heute nur auf den nächsten viralen Hit setzen, macht einen gefährlichen Fehler. Ja, TikTok belohnt gute Inhalte – nicht große Accounts. Und ja, es gibt Fälle, in denen ein einziges Video Millionen Menschen erreicht hat. Aber: Viralität ist kein Plan. Es ist ein Ereignis. Und Ereignisse verpuffen, wenn sie nicht eingebettet sind in ein glaubwürdiges, langfristiges Narrativ. Gerade für politische Akteure gilt: Reichweite ohne Vertrauen bringt wenig. Wer erst zur Wahl aus dem Nichts auftaucht, wirkt nicht präsent, sondern panisch. TikTok-Algorithmen bevorzugen Accounts mit konsistentem Output, hohen Watchtimes und aktiver Community. Wer langfristig postet, kann Themen setzen, Figuren aufbauen – und im Ernstfall mobilisieren. Seit einiger Zeit entwickeln wir bei Wahlwerkstatt Tools zur Aktivierung von Communities – aus dem Netz bis auf die Straße. Wahlkampf ist längst nicht mehr nur das, was du sagst, sondern auch das, was über dich gesagt wird. Wer keine Community hat, hat keine Verteidiger. Keine Kommentatoren. Keine Verstärker. Politische Akteure müssen ihre digitalen Vorfelder rechtzeitig vorbereiten und ihre Communitys langfristig aufbauen, aktivieren und pflegen. Während die Kommunikation von Parteien durch Sachzwänge und Message Control geprägt ist, wird die Schwarmintelligenz zum wichtigsten Instrument hybrider Kampagnenführung. Es reicht nicht mehr, Fakten zu setzen. Man braucht Menschen, die sie einordnen, verbreiten und verteidigen. Ansonsten hat man im Kampf um Deutungshoheit keine Chance.

Politische Werbung auf Social Media, damit ist bald Schluss. Wie können Politiker und Wirtschaftsverbände, für die Werbung bislang ein wichtiger Baustein ihrer Social Media Arbeit war, sinnvoll reagieren, um nicht an Sichtbarkeit zu verlieren?

Viele fürchten, dass politische Kommunikation an Sichtbarkeit verliert, wenn Social Ads eingeschränkt werden. Aber in Wahrheit zeigt sich jetzt nur, was schon lange gilt: Wer online überzeugen will, braucht Inhalte, die auch ohne Geld funktionieren. Politische Werbung auf Social Media hat nie bedeutet, dass man sich Wirkung einfach kaufen kann. Reichweite ist buchbar – Interesse nicht. Und genau das wird nun sichtbar: Ohne organisch funktionierenden Content verpufft auch die beste Paid-Kampagne. Wer Sichtbarkeit will, muss zuerst Resonanz erzeugen. Das geht nicht kurzfristig und nicht ohne Community. Du brauchst Inhalte, die überzeugen und Menschen, die sie tragen. Darum sollten Parteien, Politiker und Verbände nicht panisch auf die neuen Regeln reagieren, sondern strategisch.

Jetzt zählt, was immer gezählt hat: Content mit Mehrwert und Persönlichkeit. Dafür kann man auch Formate und Podcasts besuchen, die bereits eine hohe Reichweite haben. Ich denke da etwa an den Besuch von Christian Lindner bei Tim Gabel. Eine Chance liegt außerdem in Online-Advertising – etwa mit Ads auf Seiten, die wirklich zur eigenen Zielgruppe passen. Ich denke da an Werbung für Familienpolitik auf einer Seite für Eltern oder Werbung für das Deutschlandticket bei einem Reiseanbieter. Mit zielgenauem Targeting kann man da starke Konversionen einfahren.

Wenn man sich ehrlich macht, muss man leider sagen: Die Social Media Contents der meisten Politiker sind inhaltsleer, und qualitativ minderwertig. Ich habe mich mehrfach dabei erwischt zu denken: Vielleicht schützt die neue Regelung Parteien vor sich selbst?

Was ist Dein Lieblingsort in Berlin-Mitte und warum ist er das?

Nach Feierabend zieht es mich oft in die Bar Freundschaft in der Mittelstraße. Wenn im Politikbetrieb mal die Hütte brennt, geht man hier eine Treppe runter und vergisst sofort die Turbulenzen des Alltags. Was gibt’s schöneres als gute Gespräche, große Gewächse und sanfte Klänge vom Vinyl? An dem Tresen ist bei einem Glas Riesling schon so manche Idee entstanden, die später auf einem Plakat gelandet ist.

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