
Sönke Reimers über wirtschaftlichen Druck auf Medien
Die dfv Mediengruppe steht für mehr als 100 Fachmedien und deckt 17 Branchen ab. Welche Rolle spielen Fachmedien bei politischen Debatten zu Branchenthemen?
Unsere Gesellschaft braucht politisch und wirtschaftlich unabhängige Medien und Qualitätsmacher. Nur eine vielfältige Medienlandschaft sichert den Menschen den Zugang zu verlässlichen Informationen. Dazu gehören auch hochwertige Fachmedien, die mit ihren besonderen Inhalten und oft exklusiven Informationen über Branchenentwicklungen den Verantwortlichen in Wirtschaft und Unternehmen die Grundlagen für ihre Entscheidungen liefern. Gegenüber der Politik geben wir der Wirtschaft Stimme, Gesicht und Gewicht. So sind Fachmedien systemrelevant für die politische Debatte und gute Regierungsarbeit.
Der wirtschaftliche Druck auf Medien nimmt zu. Das gilt insbesondere für Publikumsmedien. Was könnte die Bundesregierung tun, damit Medien in Deutschland wieder höhere Erträge erzielen können?
Einiges – wir sind gegen Subventionen. Presseförderung sollte die Ausnahme bleiben, aber der wirtschaftliche Druck nimmt zu, verschärft z.B. auch durch steigende Zustellungs- und Porto-Gebühren, und wirkt zunehmend existenzbedrohend. Das gilt für die Publikumspresse, und genauso für kleine Titel mit geringer Auflage. Der Bund – über die staatseigene Förderbank KfW mit rund 20,5 Prozent größter Aktionär der Deutschen Post, dem wichtigsten Vertriebspartner der Verlage – trägt hier eine besondere gesellschaftspolitische Mitverantwortung dafür, dass Zeitschriften und andere Presseprodukte zu vertretbaren Kosten an Leserinnen und Leser zugestellt werden können. Es ist allerhöchste Zeit, dass die Politik ihren inneren Kompass in Sachen freie Presse wiederentdeckt. Pressefreiheit hat Verfassungsrang, kommt aber nicht einfach so und irgendwie aus der Steckdose! Pressefreiheit funktioniert nur mit starken Verlagen, politisch und wirtschaftlich unabhängigen Medien und überzeugenden Qualitätsmachern. Die Bundesregierung sollte dafür die Rahmenbedingungen schaffen. Zum Beispiel indem sie statt sich um Werbeverbote zu kümmern, die Freiheit der Kommunikation sichert. Indem sie fairen Wettbewerb sichert. Indem sie die Diskriminierung der freien Presse durch Tech-Plattformen verhindert. Indem sie für angemessenen Schutz von Urhebern und Verlagen sorgt. Und indem sie selbst das Prinzip der Staatsferne von Medien nachhaltig akzeptiert.
Was ist Ihr Lieblingsort in Berlin-Mitte und warum ist er das?
Über meine Reisen und die Zeit in der Hauptstadt ist die Torstraße/Ecke Borsig bis Tucholsky mein Lieblingsort geworden: Hier werde ich als Schleswig-Holsteiner und Wahl-Frankfurter zum Teilzeit-Berliner! Wann immer möglich wohne ich im wunderbaren Hotel Adelante und beginne den Tag direkt nebenan mit einem Espresso beim „Mörder“. Gleich an der Ecke sind dann das Friedel Richter Restaurant mit netten Wirtsleuten und vorzüglicher Küche und in der Torstraße/Höhe Tucholsky dann Yarok, mein lecker-syrischer Imbiss. Am Beginn der Tucholskystraße die gleichnamige Buchhandlung. Und von dort ist es nicht weit bis zum Berliner Ensemble – immer wieder schön, dort Oliver Reese und viele ehemalige Mitglieder des Schauspiel Frankfurts wiederzusehen.