Wahlkampf – immer noch Personalisierung und Bürgerdialog?
Conrad Clemens stellt den Wahlkampf der CDU Sachsen vor.

Landesväter werden wiedergewählt, wenn es ihnen gelingt, viele Bürger in der Mitte der Gesellschaft zu erreichen und eben nicht nur die eigenen Parteimitglieder. Das haben zuletzt die Wahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen deutlich gemacht. Für Herausforderer ist es schwieriger. Wie es gehen kann, hat die CDU-Bremen bei der letzten Bürgerschaftswahl gezeigt.

Personalisierung – Carsten Meyer-Heder in Bremen

Mit Carsten Meyer-Heder trat ein unkonventioneller Unternehmer als Spitzenkandidat für die CDU-Bremen an, der vorher noch nicht auf landespolitischer Ebene in Erscheinung getreten war. Das machte sich die Kampagne zu Nutze. „Wenn man das sagt, was immer alle sagen, führt das dazu, dass niemand mehr einem zuhört,“: so Alex Römer (Agentur Römer Wildberger). Ein Neueinsteiger in die Politik kann es sich erlauben, unkonventionell und dennoch glaubwürdig zu kommunizieren. Das nehmen wir Politikern, die schon lange dabei sind, nicht ab.

Die CDU hat die meisten Stimmen geholt, ist aber trotzdem nicht in der Regierung. Meyer-Heder ist jetzt Oppositionsführer. Das zeigt die enge Bindung zwischen ihm und der CDU Bremen. Damit haben wir hier ein gutes Beispiel dafür, dass es Parteien gelingen kann, externe Talente mit Ecken und Kanten einzubinden. Damit erhöhen sie ihre Chancen von Menschen gewählt zu werden, die weit von der jeweiligen Partei entfernt sind. Hierzu das Statement eines Jugendlichen, dass Römer wiedergegeben hat: „Was, das ist CDU-Werbung? Vielleicht sind die doch nicht so scheiße.“

Wahlkampf und Werbung

„Es sind Werte, Sehnsüchte und Identität, die wir in unserer Kommunikation adressieren müssen. … und dann können wir immer noch über Inhalte reden“: so Lukas Holter (Campaigning Bureau Österreich). Wahlkampf war schon immer auch Werbung. Wichtig ist, die Menschen erst einmal für Politik zu interessieren. Das kann durchaus mit hoffnungsstiftenden Themen in Verbindung mit einer Person gelingen, die etwas Positives ausstrahlt. Der ÖVP ist es in Österreich gelungen. Sebastian Kurz hat innerhalb von zwei Jahren zwei erfolgreiche Wahlkämpfe geführt. Er hat zudem in die Partei Elemente einer Bewegung integriert. Er hat die Bindung zu den in der Bewegung Engagierten aufrechterhalten.

Bewegung anstatt Partei?

Bewegungen tun sich leichter als Parteien, Menschen zum Mitmachen zu gewinnen. Sich dort zu engagieren, ist viel niedrigschwelliger. Oft reicht ein Mausklick und die Eingabe einiger Daten, um sich als Unterstützer zu registrieren. Zum Mitmachen gibt es viele einfachgestrickte Angebote, zum Beispiel einen Social-Media-Post zu liken oder zu teilen.

Ich stehe Bewegungen skeptisch gegenüber. Sie stehen eher für Entscheidungen und Interessen weniger und eben nicht für innerparteiliche Demokratie, wie sie auch in Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften gepflegt wird. „Bewegungen, die sich um wenige Personen organisieren, ähneln Organisationen, die Fundraising betreiben.“ Da stimme ich Karsten Grabow (Konrad-Adenauer-Stiftung) ausdrücklich zu.

Das Parteien Elemente von Bewegungen sehr gut nutzen können, zeigt der CDU-Wahlkampf in Sachsen. Dort wurde um Themen, die für einzelne Zielgruppen relevant sind, gezielt mit Kommunikationsmaßnahmen reagiert. Das kann eine eigene Website oder auch ein Social-Media-Account zum Thema sein. Wichtig ist es einen Kontakt zu den interessierten Bürgern aufzubauen. Diese können dann mit Dialogangeboten angesprochen werden. Michael Kretschmer ist es gelungen, mit einer Vielzahl von Bürgerdialogen für viele Bürger ansprechbar zu sein.   

Um Dialog gezielt zu nutzen, sind Parteien im Vorteil die „… die Kampagne sehr, sehr frühzeitig beginnen zu planen.“ Da hat Conrad Clemens (Landesgeschäftsführer der CDU Sachsen) einen Punkt. Die Königsdisziplin ist es aber, Communities die mühsam aufgebaut worden sind, auch nach dem Wahlkampf zu pflegen. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Schließlich gibt es in den Fraktionen Sprecher und Experten für alle Themen.

Matthias Bannas

Konferenz Ikpk19 – Demokratie in Bewegung vom Adenauer Campus und der Konrad-Adenauer-Stiftung

Diskutiert haben u.a.: Conrad Clemens (Landesgeschäftsführer der CDU Sachsen), ​​​​Dr. habil. Karsten Grabow (Koordinator Politikanalysen und Parteienforschung der Konrad-Adenauer-Stiftung), Franziska Fislage (Referentin Internationaler Parteiendialog der Konrad-Adenauer-Stiftung), Rebekka Grupe (Pressesprecherin der CDU Bremen), Alex Römer (Geschäftsführer der Agentur Römer Wildberger), Dr. Timo Lochocki (Politologe und Autor des Buches „ Die Vertrauensformel“), ​​​​Dr. Viola Neu (Leiterin des Teams Empirische Sozialforschung bei der Konrad-Adenauer-Stiftung), Prof. Dr. Christian Nuernbergk (Universität Trier), Lukas Holter (Campaigning Bureau Österreich), Franziska Zimmerer von StoryMachine.

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