Wöchentlich stellen wir Persönlichkeiten mit Berliner Bezug vor, befragen sie über das Stadtleben, Wirtschaft und die Politik in Berlin. Diese Woche haben wir mit Alexander Kulitz gesprochen. Unter anderem ist er Executive Board Member bei der ESTA Apparatebau GmbH & Co.KG und Chairman vom Steering Committee des Foreign Councils On Economic Relations. In der Legislaturperiode 2017 – 2021 war er Mitglied der FDP-Bundestagsfraktion.
Herausfordernde Zeiten für Mittelständler, die auf der ganzen Welt ihre Geschäfte machen – was muss die Bundesregierung jetzt tun, um diesen Unternehmen das Leben in Zukunft wieder etwas leichter zu machen?
Zuallererst muss die Regierung begreifen und wertschätzen, dass Prosperität und Wohlstand nur durch eine wertschöpfende Wirtschaft gewährleistet werden kann. Das anhaltende politische Misstrauen gegenüber dem Unternehmertum schlägt sich in einer überbordenden Regulierungswut nieder und prägt leider auch das öffentliche Meinungsbild über ‚die Unternehmer‘. Konkret wären ein sofortiges ‚Belastungsmoratorium‘ sowie ein schneller Bürokratieabbau die vordringlichsten Aufgaben, um mittelständischen Unternehmen das Leben zu erleichtern. Alleine die Dokumentationspflichten durch die derzeit neu dazukommenden Gesetze wie dem ‚Lieferkettengesetz‘, ‚der Taxonomie‘ oder dem ‚Whistleblower Schutz‘ sind riesige Herausforderung zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit. Eine Katastrophe ist auch die Komplexität von Zoll- und Exportverfahren sowie die bürokratischen Hürden bei der Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland, ganz zu schweigen von den nicht mehr nachvollziehbaren Wust an Steuergesetzen. Der Staat sollte seine Energie lieber auf den Ausbau der Infrastruktur lenken, statt immer neue, ideologisch getriebene Bevormundungsideen ordnungspolitisch durchsetzen zu wollen.
Warum sind die in Berlin ansässige Botschafter und deren Teams wichtige Ansprechpartner für Verbände und Unternehmensvertreter?
Die Botschaften vertreten die Interessen ihrer Länder, wozu auch gute Wirtschaftsbeziehungen zählen. Neben den tollen Angeboten der zahlreichen Organisationen, welche deutschen Unternehmen im Ausland helfen, wie bspw. den AHKs, GTAI, Wirtschaftsfördergesellschaften etc. können die Botschaften bei speziellen Anliegen, die ihre Länder betreffen, unterstützen. Da Diplomaten turnusgemäß nach wenigen Jahren den Dienstort wechseln, ist es nicht immer einfach, gute persönliche Beziehungen aufzubauen. Aus meiner Erfahrung lohnt es sich daher Partner wie das ‚Foreign Council on Economic Relations‘ zu suchen, um den Kontakt zu Botschaften nachhaltig zu gestalten.
Was ist Dein Lieblingsort in Berlin-Mitte und warum ist er das?
In Berlin hat jeder Kiez seinen eigenen Charm. In Mitte ist mein Lieblingsort sicherlich der Reichstag. Neben der Geschichte und der Symbolik ist der Reichstag für mich als überzeugtem Liberalen auch der Ort, an dem unser gesellschaftliches Miteinander parlamentarisch organisiert wird und die Regierung mittelbar vom Volk kontrolliert wird.
Wöchentlich stellen wir Persönlichkeiten mit Berliner Bezug vor, befragen sie über das Stadtleben, Wirtschaft und die Politik in Berlin. Diese Woche haben wir mit der Bundestagsabgeordneten Melis Sekmen gesprochen. Sie ist Obfrau im Wirtschaftsausschuss und Berichterstatterin für Frauen in der Ökonomie in der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz liegt vor. Damit es ein Erfolg werden kann, müssen Botschaften und die für Berufsanerkennung zuständigen Behörden ertüchtigt werden, Anträge schneller und effektiver zu bearbeiten. Wo sehen sie weitere Engpassfaktoren, die einem Erfolg der Gesetzesinitiative im Wege stehen?
Deutschland ist Einwanderungsland. Es muss klar sein, dass Rechte von Migrantinnen und Migranten konsequent geachtet werden und das Ankommen und die Teilhabe in Deutschland positiv gestaltet werden – in allen Lebensbereichen und nicht nur auf dem Arbeitsmarkt. Denn wir dürfen die Fehler aus den 1950er und 1960er Jahren nicht wiederholen. Einwanderungspolitik muss deshalb familienfreundlich und transparent sein. Hierzu gehört, dass Familienangehörige mit nach Deutschland kommen dürfen. Nur so gewährleisten wir, dass sich die ausländischen Arbeits- und Fachkräfte bei uns Willkommen fühlen. Darüber hinaus brauchen wir mehr Beratungsstellen, die bei der Anerkennung und den damit verbundenen Prozessen helfen und beraten. In Baden – Württemberg und in meinem Wahlkreis Mannheim sind wir mit dem IKUBIZ Netzwerk sehr gut aufgestellt. Mit dem richtigen gesetzlichen Rahmen können regionale Netzwerke viel mehr erreichen.
Sie engagieren sich für den Mittelstand. Welche Gesetzesinitiative muss die Bundesregierung in dieser Legislatur unbedingt auf den Weg bringen, um es mittelständischen Unternehmen zu erleichtern, mit den vielfältigen Krisen und der Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft zurechtzukommen?
Die zentrale Herausforderung für unseren deutschen Mittelstand ist unbestritten der Arbeits- und Fachkräftemangel. Eine erfolgreiche sozial-ökologische Transformation gelingt nur mit qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Neben höherer Erwerbsbeteiligung von Frauen und beruflichen Aus- und Weiterbildungen ist Arbeitskräfteeinwanderung das entscheidende Instrument. Um endlich den Hebel umzulegen, muss das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz hier zum Gamechanger werden. Die Bundesregierung wird noch dieses Jahr liefern und mit zahlreichen Maßnahmen den gesteuerten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt ermöglichen:
Auf der anderen Seite müssen wir das Potenzial in unserem Land mobilisieren, indem wir die Anrechnung von Modulen aus der Ausbildung vereinfachen, um Weiterbildung attraktiver zu gestalten. Auch der Bürokratieabbau ist eine riesige Aufgabe. Im Wirtschaftsministerium haben wir bereits angefangen, die Antragstellung für Fördertöpfe und Programme zu digitalisieren. Das müssen wir konsequent in allen Bereichen durchziehen, um unsere Unternehmen zu entlasten.
Was ist Ihr Lieblingsort in Berlin-Mitte und warum ist er das?
Die Museumsinsel – nach dem Reichstagsgebäude selbstverständlich. Diese in Deutschland unvergleichliche Sammlung jahrtausendealter Geschichte der europäischen Kunst und Kultur im Herzen unserer Hauptstadt, ist schon wirklich einzigartig. Bedauerlicherweise bleibt im politischen Alltag aber nur wenig Zeit sich der Kunst und Kultur zu widmen. Wenn es mir die Zeit erlaubt, wandle ich sehr gerne dort durch die Museen.
Wöchentlich stellen wir Persönlichkeiten mit Berliner Bezug vor, befragen sie über das Stadtleben, Wirtschaft und die Politik in Berlin. Diese Woche haben wir mit Lewis Koski gesprochen. Er hat als Leiter der Colorado Marihuana Enforcement Division die weltweit erste Cannabis-Legalisierung in Colorado USA im Jahr 2011 verantwortet. Nun ist er Chief Strategy Officer des Track&Trace-Technologie-Anbieters METRC, der auf Lösungen für den Vertrieb von Cannabis spezialisiert ist.
Sie haben in den letzten Monaten viele Gespräche im politischen Berlin geführt. Wie gelingt es Ihnen Vertrauen zu deutschen Gesprächspartnern aufzubauen?
Metrc hat erfolgreich mit Regierungen kooperiert, um legale, sichere und regulierte Markt zu garantieren. Wir hatten das Glück, bei der Marktgründung von 23 Märkten mit Regierungsbehörden zusammenzuarbeiten, um den Verbraucherschutz in den legalen Cannabismärkten sicherzustellen. Ich bin nach Deutschland gekommen, um zuzuhören, die Herausforderungen kennenzulernen und unsere Erfahrungen aus den USA zu teilen. In einem Markt wie dem Cannabismarkt, der sich noch im Aufbau befindet, sind nach wie vor viele Fragen offen, und Erfahrungen aus der Praxis können richtungsweisend für die Legalisierung in Deutschland sein. Der Verbraucherschutz steht bei der Legalisierung auf jeder Ebene an erster Stelle. Die Gewährleistung dessen muss oberste Priorität haben. Deshalb sind der Aufbau eines funktionalen Regulierungsrahmen und die Bekämpfung des illegalen Marktes zwei Bereiche, die für mich besonders wichtig sind. Das sind Themenfelder, in die ich mein Fachwissen einbringen und dazu beitragen kann, die deutschen Kolleg:innen mit unserer Expertise zu unterstützen, damit sie die besten Entscheidungen für ihre Verbraucher:innen treffen können. Oft sind es diese gemeinsamen Ziele, die Vertrauen schaffen.
Die Bundesregierung plant die Legalisierung von Cannabis. Genusscannabis soll aber nicht im Online-Handel erhältlich sein. Was sind die Voraussetzungen, um den Onlinehandel von Genusscannabis zu erlauben und dabei Jugend- und Gesundheitsschutz zu garantieren?
Der Online-Verkauf bietet Vorteile, wie z. B. die Zugänglichkeit und den sicheren Konsum von Produkten in ländlichen Gebieten, in denen die Menschen andernfalls zu illegalen Optionen greifen würden. Wenn es einen Online-Handel/Verkauf gäbe, müssten sehr engmaschige Kontrollen eingeführt werden, um sicherzustellen, dass die Käufe auf legale und sichere Weise erfolgen – d. h. keine Käufe durch Minderjährige, Alterskontrollen an der Verkaufsstelle und Unterstützung der volljährigen Verbraucher:innen beim Kauf des richtigen Produkts für ihre Bedürfnisse. Dieser digitale Marktplatz kann viele Formen haben. Eine Option wäre die Einrichtung eine zentrale Kundendatenbank, in der sich die Verbraucher mit ihrem Ausweis registrieren, auf die dann alle lizenzierten Einzelhändler zugreifen, um zu überprüfen, ob die einkaufende Person zum Kauf berechtigt ist. Nur weil die persönliche Interaktion im Laden wegfallen, heißt das nicht, dass die Kontrollen zur Einhaltung der Vorschriften zu kurz kommen dürfen. Track-and-Trace-Technologie kann diesem Prozess wesentlich Vorschub leisten und dazu beitragen, die notwendigen Kontrollen zu etablieren.
Was ist Dein Lieblingsort in Berlin-Mitte und warum ist er das?
Ich hatte das Glück, oft in Berlin zu sein im letzten Jahr. Bei einem meiner früheren Besuche bin ich den gesamten Tiergarten vom Brandenburger Tor bis zur Siegessäule entlanggelaufen. Jetzt, da ich mich besser eingelebt habe, werde ich diesen Spaziergang wiederholen. Die Geschichte und Lebendigkeit sowie die Veranstaltungen auf der Straße des 17. Juni sind unfassbar faszinierend. Meine Lieblingszeit dort ist der frühe Sonntagmorgen, bevor sich die Menschenmassen versammeln. Ich freue mich darauf, diesen Frühling öfter mit einem Kaffee in der Hand dort unterwegs zu sein.
Wöchentlich stellen wir Persönlichkeiten aus Berlin vor, befragen sie über das Stadtleben, Wirtschaft und die Politik in Berlin. Diese Woche haben wir mit Wolfram Zabel gesprochen. Er berät mit seinem Expertenteam von 74z Consult Unternehmen, Verbände und Führungskräfte in den Bereichen Public Relations und Public Affairs. Außerdem ist er einer der Vize-Governors des Lions Distrikts 111 Ost-Nord und Vorstandsmitglied der Andreas Gerl Stiftung.
Credit: Jennifer Aengst
Was können Verbände tun, um den wachsenden Ansprüchen ihrer Mitglieder gerecht zu werden?
Früher galt, dass Verbände in zahlreichen Feldern über mehr Expertise als ihre Mitglieder verfügen, heutzutage ist dieser Vorsprung vielfach geschmolzen. Das bedeutet, Verbände müssen sich auf das fokussieren, was sie besser können als ihre Mitglieder, z.B. Public Affairs und Lobbying; sie müssen das Ehrenamt in die Verbandsarbeit so einbinden, dass diese effizienter wird; und sie müssen ihre Erfolge messbar machen und die Resultate auch transparent kommunizieren – zum Beispiel indem man KPI oder OKR einsetzt.
Eine gute Reputation ist unerlässlich, um als Verband oder Unternehmen erfolgreich im politischen Berlin zu arbeiten. Welche Maßnahme verspricht am meisten Erfolg zur Stärkung der Reputation?
Das hängt in erster Linie vom Verband und seiner jeweiligen Ausrichtung ab. Was aber fast allen Verbänden hilft: mehr Mut zu Corporate Influencern. Diese sollten allerdings nicht ausschließlich in den sozialen Medien agieren. Verbandsexperten sollten zusätzlich noch stärker auf Veranstaltungen präsent sein und so ihr Präsidium bzw. ihre (Haupt)-Geschäftsführung entlasten und gleichzeitig die Visibilität ihres Verbandes stärken. Aber bitte nicht nach dem Zufalls- oder Verlegenheitsprinzip und natürlich nur dort, wo es passt – auch das setzt Planung und Orchestrierung voraus.
Was ist Dein Lieblingsort in Berlin-Mitte und warum ist er das?
Ganz klar der Pariser Platz mit dem Brandenburger Tor. Als Rheinländer, Jahrgang 70, kenne ich noch das durch Mauer und Stacheldraht getrennte Berlin von vielen Besuchen. Auch über dreißig Jahre später stellt sich bei mir immer noch ein Gefühl von Dankbarkeit ein, durch das Brandenburger Tor radeln zu können; dann wird mir – oft schlaglichtartig – bewusst, dass das mittlerweile Selbstverständliche eben nicht selbstverständlich ist und wir Freiheit und Demokratie jeden Tag aufs Neue verteidigen müssen.
Wöchentlich stellen wir Persönlichkeiten aus Berlin vor, befragen sie über das Stadtleben, Wirtschaft und die Politik in Berlin. Diese Woche haben wir mit Christian P. Krohne gesprochen. Er ist Referent Public Affairs bei der TMF e.V. (Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung). Außerdem ist er Vorsitzender von Junger Wirtschaftsrat Berlin-Brandenburg.
Die TmF ist die Dachorganisation für die medizinische Verbundforschung in Deutschland. Wo besteht politisch der größte Handlungsbedarf, um die Rahmenbedingungen für medizinische Verbundforschung in Deutschland zu verbessern?
Das deutsche Gesundheitswesen hat viele Baustellen aufzuweisen. In den vergangenen Jahren ist zum Glück gerade im Bereich der Digitalisierung einiges passiert, wenn auch wir uns hier im Vergleich mit vielen anderen Ländern erst am Anfang der digitalen Transformation des Gesundheitswesens befinden. Aber auch die Vernetzung der Bereiche Forschung und Versorgung kann und muss noch viel stärker vorangetrieben werden, um die medizinische Innovation im Gesundheitswesen voranzutreiben. Dafür setze ich mich ein.
Ein Unternehmen gründen und damit erfolgreich sein; wer auf die veröffentlichte Meinung schaut, hat das Gefühl junge Menschen verfolgen vorrangig andere Ziele. Wie können wir das ändern?
Grundsätzlich sollte es jedem möglich sein, nach seiner Facon selig zu werden und den beruflichen Weg zu verfolgen, der einem selbst am ehesten liegt. Ob das eine gesicherte Festanstellung mit flexibler Ausgestaltung der eigenen Work-Life-Balance ist oder der Traum des eigenen Unternehmens, obliegt zunächst jedem selbst. Jedoch habe ich mit vielen jungen Menschen bereits Gespräche geführt, die sich über den gewaltigen und unflexiblen Bürokratie-Apparat in Deutschland aufregen. Das Gründertum ist natürlich nicht nur mit Freiheiten, sondern vielen Pflichten verbunden. Auf keinen Fall aber sollten sich Gründer hierzulande „bestraft“ fühlen, wenn sie gute Ideen unternehmerisch umsetzen wollen. Hier kann man weniger Bürokratie schon viel Last von den Schultern viele Startup-Gründer nehmen.
Was ist Dein Lieblingsort in Berlin-Mitte und warum ist er das?
Als langjähriger Bestandteil der Berliner Politik-Bubble halte ich mich natürlich sehr gerne rund um das Regierungsviertel auf; in meiner Freizeit sind neben Museumsbesuchen auch Spaziergänge oder Joggingläufe rund um die Museumsinsel ein Muss. Nicht zuletzt bewege ich mich aber besonders häufig durch die Friedrichstraße – besonders gern, wenn ich frei wählen darf, mit welchem Fortbewegungsmittel ich das tue.
Wöchentlich stellen wir Persönlichkeiten aus Berlin vor, befragen sie über das Stadtleben, Wirtschaft und die Politik in Berlin. Diese Woche haben wir mit Dr. Isabella Hermann gesprochen. Sie ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Zukunft Berlin. Außerdem ist sie Analystin und Keynote-Speakerin im Bereich positive Zukunftsgestaltung und Science-Fiction-Narrative und Co-Direktorin des Berlin Sci-fi Filmfest.
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Die Stiftung Zukunft Berlin schreibt: „Das Engagement der Stiftung Zukunft Berlin wird getragen von der Überzeugung, dass aktive bürgerschaftliche Mitverantwortung ein wesentlicher Pfeiler der freiheitlichen Demokratie ist.“ Wie gelingt es euch auch die Menschen anzusprechen und einzubeziehen, die noch kein Interesse an bürgerschaftlichem Engagement zeigen?
Die Stiftung Zukunft Berlin organisiert die Zivilgesellschaft zu Themen, die Berlin als funktionierende Hauptstadt, Berlin-Brandenburg als Metropolregion sowie Berlin als weltoffene Metropole in einem demokratischen Europa voranbringen. Egal ob Berliner Verwaltungsreform, gemeinsame Entwicklungskorridore zwischen Berlin und Brandenburg, Themen vor allem junger Menschen wie mentale Gesundheit, oder die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung für Demokratie und Teilhabe – wenn Menschen wahrnehmen, dass Ihr Wissen Gehör findet und sie mit ihrer Expertise auf politischer Ebene etwas ausrichten können, ist das motivierend.
Ob Dystopien, ein Quasi-Sozialismus wie an Bord des Raumschiffes Enterprise oder technologischer Fortschritt. Science-Fiction spiegelt aktuelle politische Debatten. Liegen überzeugende Ideen vor, um die Transformation hin zu einem klimafreundlichen Gesellschaftsmodell zu bewältigen?
Es lassen sich in der Science-Fiction durchaus real gemeinte Ideen finden, die den Weg in eine gerechtere und nachhaltige Zukunft ebnen können. Viel Echo löste zum Beispiel das Buch „Das Ministerium für die Zukunft“ aus, in dem der Autor Kim Stanley Robinson ganz konkrete Vorschläge innerhalb seiner Nahzukunfts-Fiktion ausbuchstabiert wie beispielsweise die Einführung von Carbon-Coins. Viele der Science-Fiction-Ideen sind schon da, es mangelt allerdings an der Umsetzung. Robinsons Buch erzählt bewusst aus verschiedenen Perspektiven und macht sehr viele Handlungsstränge auf, die zum Teil ins Leere führen, sich zum Teil wieder verbinden. Was das Buch damit auch sagen will: Wir brauchen nicht die eine ODER die andere Maßnahme, wir brauchen ein UND vieler Schritte und den Mut zum Ausprobieren.
Was ist Dein Lieblingsort in Berlin-Mitte und warum ist er das?
Ich hoffe der Ort zählt noch, obwohl er ganz knapp außerhalb der Berlin-Mitte Bezirksgrenze liegt: Es ist das Café Aras an der Ecke Dessauer/Bernburger Straße beim Potsdamer Platz. Dort gibt es tolles Gebäck, das man dann genießen kann, während man zum Tilla-Durieux-Park, Mendelssohn-Bartholdy-Park oder zum Anhalter Bahnhof schlendert.
Wöchentlich stellen wir Persönlichkeiten aus Berlin vor, befragen sie über das Stadtleben, Wirtschaft und die Politik in Berlin. Diese Woche haben wir mit Svenja Kraus gesprochen. Sie ist Bundesgeschäftsführerin von evangelische arbeitsgemeinschaft familie (eaf). „Die evangelischen arbeitsgemeinschaft familie (eaf) ist der bundesweit tätige familienpolitische Dachverband evangelischer Institutionen und Verbände. Sie engagiert sich für die Bedürfnisse und gesellschaftlichen Anliegen von Familien in Politik und Kirche.“
© Urban Ruths
Die Kindergrundsicherung soll kommen. Warum ist diese geeignet, Kinderarmut besser zu bekämpfen, als das bislang der Fall war?
Kurz vorweg: Es ist erschütternd, dass in einem reichen Land wie Deutschland jedes 5. Kind armutsgefährdet ist. Kein Kind kann etwas dafür, in eine sozial benachteiligte Familie geboren zu werden. Armut wird nicht nur vererbt, sie grenzt von Geburt an aus und beschämt diese Kinder ein Leben lang. Die Kindergrundsicherung holt Kinder aus der Mittellosigkeit und Stigmatisierung, bekämpft verdeckte Armut und ermöglicht Kindern und jungen Erwachsenen unbeschwerte soziale Teilhabe.
Mit der neuen Kommission zu §218 und Reproduktionsmedizin steht das Thema Leihmutterschaft wieder auf der bundespolitischen Agenda. Die evangelische arbeitsgemeinschaft familie spricht sich für die Beibehaltung des Verbots der Leihmutterschaft aus. Welche Aspekte stehen für einen familienpolitischen Verband mit kirchlichem Hintergrund bei der Positionierung im Vordergrund
Die eaf hat sich von 2018-20 in einem intensiven Prozess mit dem Thema Reproduktionsmedizin in allen Facetten beschäftigt. Dabei wurde vor allem auf das Spannungsfeld zwischen technisch möglich, rechtlich zulässig und ethisch geboten geschaut. Die interessante Frage – auch heute – ist, welchem Argument geben wir den Vorrang. Für die eaf steht das Wohl des Kindes im Vordergrund. Die Interessen und Rechte von Familien, Kindern und Dritten können sich widersprechen, vor allem, wenn mehr als zwei Personen gemeinsam Kinder bekommen.
Was ist Dein Lieblingsort in Berlin-Mitte und warum ist er das?
Auf die Gefahr hin mich als totalen Politik-Nerd zu outen: die Treppen des Reichstagsgebäudes. Hier saß ich schon während des Studiums, weil sie für mich die perfekte „Mitte“ Berlins symbolisieren: Ost und West, alt und neu, demokratischer Aufbruch und Parlamentarismus, Wille zur Veränderung, Gestaltungsmacht und – zumindest in den Momenten, in denen ich dort mit einer Freundin und einem Bier saß – gleichzeitig Reflexion und Startschuss für mehr.
Wöchentlich stellen wir Persönlichkeiten aus Berlin vor, befragen sie über das Stadtleben, Wirtschaft und die Politik in Berlin. Diese Woche haben wir mit dem Unternehmer Andreas Kämpf gesprochen. Ihr kennt ihn vielleicht als Curry-Paule. Alle Infos zum Unternehmen findet Ihr auf seiner Website.
Was macht aus einer Curry-Wurst eine sehr gute Curry-Wurst?
Die Wurst ist dabei nicht so entscheidend, sondern die Curry-Sauce beziehungsweise der Ketchup. Sie ist die Visitenkarte vom Imbiss und sollte das Alleinstellungsmerkmal sein.
Was muss der nächste Berliner Senat auf jeden Fall anpacken? Welches Thema ist für Dich als Unternehmer wahlentscheidend?
Natürlich die Sauberkeit in der Stadt und dass die Fahrradwege, die in Berlin entstehen, mit Sach- und Fachverstand sowie Augenmaß gebaut werden. Es darf nicht sein, dass mit Fahrradwegen die Wirtschaft – also die anliegenden Läden – kaputt gemacht werden, weil durch das Abgrenzen der Fahrradwege mit Pollern kein Beladen oder Parken mehr möglich ist.
Was ist Dein Lieblingsort in Berlin-Mitte und warum ist er das?
In Mitte habe ich keinen Lieblingsorte. Die befinden sich alle in Neukölln, denn Neukölln ist die neue Mitte ?.
Wöchentlich stellen wir Persönlichkeiten aus Berlin vor, befragen sie über das Stadtleben, Wirtschaft und die Politik in Berlin. Diese Woche haben wir mit Sven-Joachim Irmer gesprochen. Er ist Head of Governmental Relations & Communications Germany von Getir. Getir ist “der Pionier der Express-Lebensmittellieferung”.
Dein Job ist die politische Interessenvertretung für den Schnelllieferdienst Getir. In welches Thema fließt der größte Teil Deiner Arbeitszeit und warum ist dieses Thema für Getir so wichtig?
Einerseits in ganz vielen Gesprächen mit lokalen und regionalen Entscheidungsträgern und andererseits in vielen Gesprächen auf der Bundesebene. Wichtig ist mir zu erklären, was wir machen und wie Städte von den Getir-Services profitieren. Wir sind keine Gig Economy. Wir agieren streng nach deutschen Regeln. Wir kooperieren eng mit den Arbeitnehmervertretern und unseren Nachbarschaften. Da gehört auch viel zuhören dazu.
Der Wettbewerb zwischen den Schnelllieferdiensten in Deutschland ist hart. Worauf setzt Getir, um erfolgreich zu expandieren?
Das Einkaufsverhalten der Menschen verändert sich durch die Digitalisierung grundlegend. Getir hat Quick Commerce als digitales Geschäftsmodell 2015 in der Türkei erfunden. Niemand hat den Datenschatz, den wir haben. Wir können standort- und zielgruppengenau modellieren, wie sich das Einkaufsverhalten entwickelt. Und wir haben Gorillas übernommen und damit unsere starke Marktposition weiter ausgebaut.
Was ist Dein Lieblingsort in Berlin-Mitte und warum ist er das?
Die Bar im neuen Chateau Royal in der Neustädtischen Kirchstraße. Die ist sensationell, um sich zum Bier, Wein oder Cocktail zu treffen. Beste Lage, spannendes Konzept, das mit dem Petite und dem Grill Royal in Berlin schon gut bekannt ist. Unübertroffen finde ich hier das Personal: freundlich, zugewandt, aber nicht aufdringlich. Ganz wie bei Getir! Bislang trifft man noch nicht so viele bekannte Gesichter hier. Bin mir sicher, dass sich das bald ändern wird.
Wöchentlich stellen wir Persönlichkeiten aus Berlin vor, befragen sie über das Stadtleben, Wirtschaft und die Politik in Berlin. Diese Woche haben wir mit Jacqueline Schäfer gesprochen. Sie ist Redenschreiberin für Politik und Industrie, Autorin (Ghostwriting) und Unternehmensberaterin mit den Schwerpunkten Führungskräftekommunikation, Krisenkommunikation und Mediencoaching.
Reden zu halten und Reden zu schreiben, das gehört nicht nur für neugewählte Bundestagsabgeordnete zum Alltag; es gehört bei vielen Jobs im politischen Berlin dazu. Was sollte ich als ersten Schritt tun, um dieser Herausforderung gerecht zu werden?
Wer redet, muss zunächst zwei Fragen beantworten: Was soll hängenbleiben? Und: Zu wem spreche ich? Egal, ob ich meine Rede selbst schreibe oder einen Profi engagiere – die Antworten helfen, die richtige Tonalität zu finden und zielgenau zu formulieren. Das klingt sehr einfach, doch ich erlebe immer wieder, dass sich viele damit schwer tun. Aber wenn ich als Rednerin oder Redner meine Überzeugung nicht mit wenigen Worten auf den Punkt bringen kann, werde ich auch andere nur schwer überzeugen können.
Was macht aus einem passablen Redner einen guten Redner?
Die Fähigkeit, mit dem Auditorium in den Dialog zu treten, auf Reaktionen – auch nonverbale – einzugehen und konstruktive Gefühle auszulösen. Redner sollten konsequent auf Schriftsprache verzichten. Der alte Spruch „kompliziert denken, einfach sprechen“ gilt immer noch. Deshalb muss ich konkret und bildhaft statt abstrakt sprechen. Wir würden „ich kam, ich sah, ich siegte“ heute nicht mehr kennen, wenn Caesar „nach erfolgter Ankunft und Inaugenscheinnahme der örtlichen Gegebenheiten einen Sieg davongetragen“ hätte.
Was ist Ihr Lieblingsort in Berlin-Mitte? Und warum ist er das?
Ich bekomme immer Gänsehaut auf dem Bebelplatz. Das Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung ist einerseits erschütternd. Auf der anderen Seite lehrt uns diese Geschichte, welche Macht von Worten ausgehen kann. Die Nazis konnten die Bücher zwar verbrennen, aber es ist ihnen nicht gelungen die Brüder Mann, Tucholsky, Feuchtwanger – um nur einige zu nennen – vergessen zu machen. Geist und Humanismus sind stark. Das sollten wir nicht vergessen.