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„Henry Kissinger – Eine Jahrhundert-Gestalt“. Kissinger ist 100 Jahre alt geworden. Wenn Ihr keine Lust habt, eine der lesenswerten Biografien über ihn zur Hand zu nehmen, um für anstehenden Party-Smalltalk gewappnet zu sein, dann schaut euch doch diese kurze und kurzweilige Doku über sein Leben in der ARD-Mediathek an. Regie geführt hat Stephan Lamby. Der Schwerpunkt der Doku liegt auf einem kurzen Zeitfenster Anfang der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts als er Berater und Außenminister für Präsident Nixon war. Ich hätte mir gewünscht, dass Lamby diese beiden Rollen noch deutlicher rausgearbeitet hätte. War Kissinger die treibende – und damit eigentlich auch verantwortliche – Kraft hinter Entscheidungen zum Vietnam-Krieg und Nixon nur die Person mit politischer Verantwortung? (MB)

„Bundestagscheck: Was wissen unsere Politiker über Geschichte?“: Fester / Bismarck hat bereits für Aufregung gesorgt. Wer sich die ganze Mr Wissen2Go-Folge anschaut, ist im Anschluss vielleicht etwas milder gestimmt. Bei dem Quiz wird niemand bloßgestellt. Alle Politiker kommen sympathisch rüber; sogar Götz Frömming von der AfD. Emilia Fester ist aber in puncto Nahbarkeit und Zusammenspiel mit der Kamera allen anderen Politikern haushoch überlegen. Da verzeihe ich ihr gerne Wissenslücken bei der Heringsnabelschau. (MB)

„Mit offenen Daten / Die Prigoschin-Akten“: Der Chef der Wagner-Söldner ist eine der Schlüssel-Personen im Ukraine-Krieg. Er scheint in Russland über erhebliche Macht und über Rückhalt bei Putin zu verfügen, sonst könnte er es sich nicht erlauben, Mitglieder der Regierung und der militärischen Führung hart und öffentlich zu kritisieren. Alexandra Jousset hat im letzten Jahr auf Grundlage umfangreicher Datenleaks eine halbstündige Doku über Prigoschin produziert, die euch diese Person näherbringt. Ihr könnt sie auf Arte streamen. (MB)

„Wie die Welt bei einer Erderwärmung von über 1,5 Grad aussieht“: Ein Video, dass das Thema Klimaschutz kurz, prägnant und mit politischer Wucht darstellt? Ich bin auf dem YouTube-Kanal von Zeit-Online fündig geworden. Ein Interview mit dem Klimaforscher Stefan Rahmstorf wird mit übersichtlichen Grafiken ergänzt. Das Setting des Videos ist super-seriös. Dadurch kommen die Botschaften umso besser zur Geltung und taugen vermutlich gut zur Mobilisierung. Die Zusammenhänge werden verständlich und einfach erklärt. Damit ist das Video für eine breite Zielgruppe geeignet. (MB)

„Die Märtyrer-Kinder: Im Herzen des Nahostkonflikts“: Wenn Medien über den Nahostkonflikt berichten, steht immer die Frage im Raum, ob sie nicht zu einseitig für die Palästinenser Partei ergreifen. Diese Monitor-Doku von Shafagh Laghai und Lara Straatmann rutscht auch in diese Ecke. Sie rückt Kinder in den Mittelpunkt der Geschichte und unterstreicht das durch Bildsprache. Die Opfer palästinensischer Anschläge werden zwar auch kurz gezeigt; zu Wort kommt aber ein Pressesprecher der israelischen Armee. Dieser ist nur Stichwortgeber. Gute Geschichten müssen personalisiert und zugespitzt werden, insbesondere wenn es darum geht, Botschaften deutlich herauszuarbeiten. Bei diesem Thema ist mir das aber too much. Verschafft euch selbst einen Eindruck in der ARD-Mediathek. (MB)

“Prime Minister’s Questions (PMQs) – 19 April 2023”: Die Regierungsbefragung im britischen Parlament war Vorbild für den Bundestag. Wer sich das Original anschaut, wünscht sich das der Bundestag etwas mehr davon übernommen hätte. Alles wirkt dort dynamisch und spontan, obwohl die Fragen natürlich vorab bekannt sind. Ohne Fremdscham geht es natürlich nicht; achtet mal auf die Fragen, die Sunak aus den eigenen Reihen bekommt. Die aktuelle Befragung könnt Ihr auf dem YouTube-Kanal des britischen Parlaments anschauen. (MB)

“The consulting industry has infantilised government” – Mariana Mazzucato on taking back control”: Die Wirtschaftswissenschaftlerin Mazzucato hat kürzlich ihr vielbeachtetes Buch ‘The Big Con” veröffentlicht. Darin kritisiert sie die Abhängigkeit vieler Regierungen von Wirtschafts- und Politikberatungen. Ihr Gegenmittel ist naheliegend. Regierungen sollten viel stärker in eigene Kompetenzen investieren; sprich geeignetes Personal aufbauen und entwickeln. Das provoziert Kritik von der Opposition, wie die deutsche Debatte zeigt. Ich bin gespannt, ob das Buch und die dazugehörige Debatte auch in Deutschland Anklang finden werden. Die Frau ist auf jeden Fall ziemlich cool, auch wenn ich ihr linkes Weltbild nicht teile. Hier könnt Ihr euch einen Eindruck verschaffen. (MB)

„Deutschland schaltet ab – Der Atomausstieg und die Folgen“: Die letzten Atomkraftwerke in Deutschland werden abgeschaltet. Die Debatte kocht hoch. Der NDR hat das zum Anlass genommen, eine Doku zum Thema zu produzieren, die alle Pro-Argumente für die Kernkraft, das Engagement der ganzen Welt und die positive Stimmung in der Bevölkerung spiegelt. Das ist total einseitig und der Titel erinnert an ein erfolgreiches rechtspopulistisches Buch. Es ist aber emotional gut gemacht und zeigt welches politische Risiko die Grünen und damit auch die gesamte Bundesregierung eingehen. Von Preiserhöhungen bei der Energie, über die Instabilität der Netze, mehr Co2-Ausstoß durch den Einsatz von Kohlekraftwerken, bis zur Wettbewerbsschwäche der energieintensiven Wirtschaft in Deutschland finden sich zahlreiche Anknüpfungspunkte, die der politische Gegner nutzen kann und auch nutzen wird. Hier könnt Ihr die Doku anschauen. (MB)

„Notes of Berlin“: Mariejosephin Schneider hat – inspiriert von den allgegenwärtigen Zettel-Aushängen in Berlin – kurz vor Corona einen Episodenfilm über die Stadt gedreht. In den kleinen Geschichten taucht viel von dem auf, was unseren Alltag, Gespräche und Debatten dominiert; Wohnungsmangel, Toleranz, usw. Darüber hinaus funktionieren die Geschichten unabhängig von Berlin. Der Film ist gute Unterhaltung und zeigt gleichzeitig die Stadt, wie sie ist und in einigen der Geschichten, wie sie sein sollte. Hier könnt Ihr den Film in der ARD-Mediathek anschauen. (MB)

Die heute-Show-Kopie von Martin Sonneborn MdEP: Sonneborn hat als Fernsehmensch und Comedian einen Startvorteil, wenn es darum geht, parlamentarische Arbeit ins Video zu setzen. Ob es als Politiker sinnvoll ist, auf Teufel komm raus lustig sein zu wollen, würde ich mal mit einem Fragezeichen versehen. Aber ein gefilmter, regelmäßig erscheinender, Newsletter hätte schon Charme. Dafür braucht es Aufnahmen mit professioneller Anmutung, Schnitt, Schnittsequenzen, ein Blick für die Skurrilitäten der berlinbubble, Leichtigkeit + Selbstbewusstsein, Selbstironie und ein schlüssiges Konzept. Hier findet Ihr Anschauungsmaterial von Sonneborn. (MB)